Flügelklang-Vergleich mit Mozart (Duport-Variationen, KV 573)

Fips7

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Hallo miteinander,

jetzt ist es endlich so weit, ich bin fertig mit meinem Flügelvergleichsprojekt und kann euch das Ergebnis präsentieren. Ausgangspunkt war das Video vom Claviotreffen in Wien, auf dem ich die Duport-Variationen von Mozart spiele. Haydnspaß hatte dazu angeregt, die Variationen noch einmal auf einem Hammerflügel aufzunehmen, um einen Vergleich des Flügelklangs zu ermöglichen. Also setzte ich mich mit Bernhard (in dessen Räumen das Clavio-Fest in Wien stattgefunden hat) in Verbindung und bin nun nach längerer Anlaufzeit mehrmals dort gewesen zum Aufnehmen. Bernhard besitzt einen André-Stein-Hammerflügel von ca. 1825 und es war ein Erlebnis, noch einmal ausgiebig auf diesem alten Instrument spielen zu dürfen.

Als ich dort war, hatte Bernhard auch einen noch unrestaurierten Bösendorfer-Flügel von 1878 in der Werkstatt stehen, der laut seiner Aussage in der Klavierbaugeschichte das fehlende Zwischenglied zwischen dem Hammerflügel und dem heutigen Konzertflügel darstellt. Er bot mir an, die Variationen auch auf diesem Instrument aufzunehmen, - was ich mir selbstverständlich nicht nehmen ließ. ;) Und wo ich schon einmal dabei war, nahm ich das Stück auch gleich noch auf dem restaurierten August-Förster-Flügel auf, auf dem beim Claviotreffen hauptsächlich vorgespielt wurde.

Das heißt, es gibt nun also einen Vergleich zwischen vier verschiedenen Flügeln: dem Bösendorfer Imperial, dem Stein-Flügel (1825), dem Bösendorfer-Flügel (1878 ) und dem Förster-Flügel (1931). Es ist allerdings fraglich, ob der Vergleich zu dem Bösendorfer Imperial so viel bringt, da diese Aufnahme mit Dimos Digicam gemacht wurde und der Ton sehr stark im Vordergrund ist (außerdem mit relativ viel Klavierspielen im Hintergrund und Nebengeräuschen). Bei den drei anderen Flügeln waren die Aufnahmebedingungen jedoch praktisch identisch, so dass hier der Vergleich besonders interessant ist.

Zur Stimmung der Flügel:
Die Absoluthörer werden sich seeeehr schwer tun mit dem Zuhören :D, da die Stimmung nicht einheitlich ist. Bernhard hatte den Stein-Flügel extra für mich gestimmt, bevor ich kam (ca. zwei Tage vorher). Als ich dort war, hatte er sich im Diskant aber schon wieder verstimmt. Bernhard setzte sich in meinem Beisein noch einmal dran, aber bei einigen hohen Tönen sank die Stimmung bald wieder leicht ab. Ich weiß nicht genau, auf welcher Frequenz das a' war, aber meinem Gefühl nach fast einen Halbton tiefer als 440Hz. Der 1878-Bösendorfer war anscheinend kürzlich einmal durchgestimmt worden, hatte sich aber im Diskant auch schon wieder etwas verstimmt. Leider war es nicht möglich, ihn für die Aufnahme erneut zu stimmen, - um Nachsicht wird gebeten. Auch hier war das a' fast einen Halbton tiefer als normal. Der Bösendorfer Imperial und der Förster-Flügel waren dagegen auf Standardhöhe.

Zur Bauart der alten Instrumente:
Der 1878-Bösendorfer hat noch keinen Gußrahmen, sondern nur metallene Verstrebungen, die auf dem Holzrahmen angebracht sind. Außerdem hat er eine Wiener Mechanik und vermutlich belederte Hammerköpfe (ich hab nicht nachgeschaut, aber es ist wohl wahrscheinlich; die Klaviermacher im Forum können da sicher kompetentere Aussagen machen).
Der Stein-Hammerflügel ist deutlich kleiner als moderne Instrumente, auch als der 1878-Bösendorfer. Die Tasten sind etwas kleiner als man es von heutigen Instrumenten kennt. Die Wienfahrer wissen, wie sich das beim Spielen anfühlt...

Zum Spielgefühl auf den alten Instrumenten:
Ich fand es gar nicht so leicht, mit dem Stein-Hammerflügel zurechtzukommen. Die Abstufungen zwischen pp und f zu treffen, ist recht "fizzelig", mit nur wenig mehr Kraft wird ein piano plötzlich zum forte. Man muss sich bei diesem Instrument quasi um jeden einzelnen Ton kümmern. Das sah bei dem 1878-Bösendorfer schon ganz anders aus. Hier musste ich eher viel Kraft aufbringen, um nicht zu leise zu sein. Ich weiß aber nicht, ob das allgemein eine Eigenart der Instrumente damals war oder nur eine Eigenart dieses speziellen Flügels.
Hinsichtlich des Klangs war ich oft erstaunt, wie sehr eine Veränderung der Lautstärke zugleich den Charakter des Tons verändert. Im piano klingt es eher weich (besonders bei dem 1878-Bösendorfer), im forte kann der Klang plötzlich sehr scharf werden (das fiel mir besonders bei dem Stein-Flügel auf). Es ist ein ganz anderes Herangehen an die Klanggestaltung. Ich hatte das Gefühl, das volle Potenzial hier erst wirklich ausschöpfen zu können, wenn ich die Instrumente besser kenne. Natürlich hatte ich nicht ausreichend Zeit für dieses Kennenlernen und war so immer wieder überrascht von dem Klang, den ich produzierte. Das war mehr ein zufälliges als gewolltes Erzeugen von bestimmten Klangfarben.
Während der Aufnahmen dachte ich öfters: "Warum, um Himmels Willen, habe ich mir nicht ein kürzeres Stück für diesen Vergleich ausgesucht?!" Aber die Duport-Variationen haben trotz ihrer Länge einen Vorteil: Man kann bei sehr unterschiedlich charakterisierter Musik einen Klang-Vergleich machen. Es gibt einfache Stellen (Thema), es gibt wilde Stellen (Var. 7), es gibt melancholische Stellen (Var. 6), es gibt ruhige Stellen (Var. 8 ) usw. Man hat also eine große Palette zur Verfügung.

Zum Aufnahme-Equipment und zur Mikrofonanordnung:
Ich benutze das M-Audio Microtrack II als Aufnahmegerät. Dazu zwei externe Mikros (The-T-Bone SC 140), die direkt nebeneinander mit Spinne auf einem Mikrofonständer montiert sind. Zum Aufnehmen stellte ich den Ständer ca. 1,50m vor das Instrument, die Mikros befanden sich in ca. 1,80m Höhe und waren auf den offenen Flügel gerichtet. Der Aufnahmepegel war immer gleich (außer beim Bösendorfer Imperial natürlich) und die Aufnahmen wurden auch im Nachhinein dynamisch nicht verändert.
An dieser Stelle will ich Klaviermacher noch einmal danken für seinen Tipp mit dem Microtrack II. Ich bin mit dem Gerät bis jetzt sehr zufrieden und habe doch eine ganze Stange Geld gespart (zuerst wollte ich mir nämlich den Zoom H4n kaufen). 8)

Wer das jetzt alles durchgelesen hat, sollte von Klaviermacher ein Eis bekommen! :mrgreen:
Hier sind die Aufnahmen:


Mozart - Duport-Variationen, KV 573


André-Stein-Hammerflügel (1825)
Thema & Var. 1-3
[MP3="https://www.clavio.de/forum/upload/mp3/1247095136.mp3"]Mozart, KV 573 - Teil 1a[/MP3]
Var. 4-6
[MP3="https://www.clavio.de/forum/upload/mp3/1247108192.mp3"]Mozart, KV 573 - Teil 2a[/MP3]
Var. 7-9 & Coda
[MP3="https://www.clavio.de/forum/upload/mp3/1247081086.mp3"]Mozart, KV 573 - Teil 3a[/MP3]


Bösendorfer-Flügel (1878 ), noch unrestauriert
Thema & Var. 1-3
[MP3="https://www.clavio.de/forum/upload/mp3/1247103695.mp3"]Mozart, KV 573 - Teil 1b[/MP3]
Var. 4-6
[MP3="https://www.clavio.de/forum/upload/mp3/1247135669.mp3"]Mozart, KV 573 - Teil 2b[/MP3]
Var. 7-9 & Coda
[MP3="https://www.clavio.de/forum/upload/mp3/1247128505.mp3"]Mozart, KV 573 - Teil 3b[/MP3]


August-Förster-Flügel (1931), restauriert
Thema & Var. 1-3
[MP3="https://www.clavio.de/forum/upload/mp3/1247119572.mp3"]Mozart, KV 573 - Teil 1c[/MP3]
Var. 4-6
[MP3="https://www.clavio.de/forum/upload/mp3/1247126863.mp3"]Mozart, KV 573 - Teil 2c[/MP3]
Var. 7-9 & Coda
[MP3="https://www.clavio.de/forum/upload/mp3/1247101074.mp3"]Mozart, KV 573 - Teil 3c[/MP3]


Bösendorfer-Imperial-Flügel (neu) = die Tonspur des Videos vom Claviotreffen
Thema & Var. 1-3
[MP3="https://www.clavio.de/forum/upload/mp3/1247130777.mp3"]Mozart, KV 573 - Teil 1d[/MP3]
Var. 4-6
[MP3="https://www.clavio.de/forum/upload/mp3/1247100735.mp3"]Mozart, KV 573 - Teil 2d[/MP3]
Var. 7-9 & Coda
[MP3="https://www.clavio.de/forum/upload/mp3/1247139213.mp3"]Mozart, KV 573 - Teil 3d[/MP3]


Übrigens würde ich mir auch Rückmeldungen zur Interpretation wünschen. Ich sehe die Einspielungen noch nicht als völlig gelungen an und würde gerne eure Stimmen dazu hören.

Viele Grüße von
Fips
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Hallo Fips,
vielen Dank für deinen recht großen Aufwand um Mozart und die 4 Flügelchen!

Ich finde den Vergleich sehr interessant, sowohl akustisch als auch optisch, also deine ergänzenden Beschreibungen bezüglich der Aufnahmen.

Du lässt durchblicken, dass dir diese Arbeit selbst Freude bereitet hat. Deine Ausführungen motivieren mich richtig, selbst mal wieder auf anderen Instrumenten zu spielen, was ich auch gerne mache, sollte sich die Gelegenheit ergeben.

Fachlich möcht ich mich lieber zurückhalten, dazu fühle ich mich zu wenig kompetent. Meine Freude beim Zuhören teil ich dir hiermit jedoch gerne mit.

Es grüßt dich herzlich, Madita
 
Fips, erstmal großes Kompliment an dich: du spielst den Mozart wuuun-der-schön!!!

Ich hab jetzt erstmal nur ein bißchen reingeschneppert in die verschiedenen Aurnahmen - aber mein Favorit kristallisiert schon sehr klar heraus: es ist der Andre Stein(way) - das ist das Instrument, das perfekt zu dem Mozart paßt.Bösendorfer klingt irgendwie zu soft und zu füllig. Also zumindest für dieses spezielle Varationenwerk. Die d-moll Fantasie würde sich auf den Bösendorfers sicher auch toll anhören.

Ich finds auf jeden Fall hochinteressant, mal zu hören, wie sich Mozerts Musik auf einem Instrument seiner Zeit angehört hat, bzw. immer noch anhört. Und man scheint die Musik ohne viel Trickserei ganz natürlich herauszukriegen aus diesem Instrument. Während man mit einem Dreimeterflügel so einem Stück doch ziemlich hilflos gegenübersteht bzw. sitzt.
 
Ich kann da Haydnspaß nur zustimmen, am besten und überzeugendsten Klang für mich deine Interpretation auf dem Stein-Flügel, und das trotz der zu tiefen Stimmung (kann auch sein, dass gerade die tiefe Stimmung aber auch den Klang so überzeugend macht). Die bei diesem Instrument schnell verklingenden Töne und die Tatsache dass der Anschlag immer wieder eher nach Anzupfen als nach Anschlagen der Saite klingt fand ich sehr reizvoll. Das volle Volumen der beiden modernen Instrumente steht dem Mozart nicht so gut irgendwie...

Der alte Bösendorfer war mir in sich irgendwie zu verstimmt und klang irgendwie nicht klar genug für den Mozart und drum hab ich mir diese Aufnahme nicht komplett angehört. Aber zum Beispiel die Sonatine von Ravel würde ich auf diesem Instrument mal sehr gerne spielen... aber nicht Mozart.

Die neuen Instrumente sind wir ja gewohnt, die sind nix besonderes mehr für die Ohren eigentlich (abgesehen davon dass der Förster am Anfang viel zu hoch klang und in den Ohren fast weh tat nach den beiden tieferen Aufnahmen). Etwa eine halbe Stunde später konnte ich mir das ganze aber dann problemlos anhören (erstaunlich, wie sich die Ohren auch schlechteren Stimmungen anpassen können und danach eine an sich viel bessere Stimmung nicht mehr ertragen wollen).

Zur Interpretation (instrumentenunabhängig) an sich kann ich gar nicht viel sagen, weil ich selber Mozart kaum spiele und damit ziemlich unerfahren bin. Aber der Mozart klang so, wie ich mir einen gut interpretierten Mozart vorstelle. Und auch beim vierten Durchhören (naja, eigentlich dreieinhalbten, weil ich beim alten Bösendorfer zwischendrin abgebrochen habe) kam noch keine Langeweile auf. Sehr sehr schön!
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Hallo Fips,

Das ist das Speziellste, was ich seit langem zu Ohren gekriegt habe.
Ein ganz großes DANKE fürs Posten!

Ich bin noch lange nicht durch mit hören und lesen, aber alleine die Stein-Aufnahme ist echt ein Hammer, und vor allem wie Du Mozart spielst. Ich kenne kaum vergleichbar schöne Aufnahmen.

Darf ich die Stein-Flügel Variationen haben für meine Restaurationsvideos. BITTE!:kuss:


Liebe Grüße
Michael
 
Fips7: Wer das jetzt alles durchgelesen hat, sollte von Klaviermacher ein Eis bekommen!
Ja, ich, bitte auch :D!!!. Ich habe alles schön durchgelsen, zwar nichts verstanden :confused:, a b e r durchgelesen!!! :p

Spaß beiseite!
Wenn ich im Detail nicht beurteilen kann, welcher Klang geschweige welche Frequenz das a hat, wo die Stimmung absank ..., möchte ich Dir, lieber Fips7, meinen Dank ausprechen für diese Arbeit. Ich profitiere von den Vergleichen insofern, daß ich einfach nur mal hören kann, wie die Duport-Variationen auf vier unterschiedlichen Instrumenten klingen. Ich nehme das Gehörte im Raum auf und mein Gefühl unterscheidet. Die Aufnahmen auf dem André-Stein-Hammerflügel (1825) sind wunderbar, aber auch die Aufnahmen auf dem restaurierten August-Förster-Flügel (1931) haben mir gut gefallen. Es sind nur Laienohren, die sich über das Ganze legen und immer wieder hören. Um so mehr entwickeln sich Details z.B., daß mir die Variationen auf dem Bösendorfer Imperial 1878 dumpfer vorkommen. Das erspürte ich aber schon in Wien, wie Bösendorfer ganz allgemein wärmer klingt. Interessant die Entwicklung, wie sich allmählich Differenzierungen bemerkbar machen.

Fips7, Du kannst einfach spielen und Du, klaviermacher, hast wieder ordentlich mitgefeilt. Lob und Dank für Eure Arbeit.

UND - Eine sehr schöne Gemeinschaftsarbeit für dieses clavio-Forum.

Beste Grüße
kulimanauke
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Hallo Fips !

Hut ab für diese kreative Idee, wirklich klasse. So jetzt habe ich auch herausgefunden, wie ich diese Dateien auf die Festplatte ziehen kann. Ich hoffe, es funktioniert und ich kann am Wochenende Deine Einspielungen in Ruhe anhören. Ich freue mich schon darauf !

Gruß, Alia
 
Hallo Fips,

die Gegenüberstellung der Instrumente fand ich hochinteressant :)
Am wenigsten überzeugt hat mich eigentl der Bösendorfer von 1878 (den BI lass ich mal raus). Bei dem Hammerflügel hört man deutlich Mechanikgeräusche, klingt teilweise als würde die Seite gezupft, bisschen wie Gitarre :) und der Bass klingt ziemlich dünn (am auffälligsten ist das in Var.7). Diese "Mankos" werden für mich wett gemacht durch den schönen Klang.
Ich hatte auch den Eindruck, dass man am Hammerflügel stärker die Einzeltöne voneinander abheben kann und das der Klang in den verschiedenen Lagen deutlich unterschiedlich sind. Leider befindet sich unter den Duport-Variationen praktisch nichts Polyphones, wo man das schön demonstrieren könnte.

Insgesamt gefällt mir der Hammerflügel zumindest bei diesem Werk (!) besser. Ich kann mir aber vorstellen, dass einige Mozartwerke wie die Sonate KV 310, die recht orchestral angelegt ist, auf den volleren Klang der heutigen Flügel angewiesen ist. (KV 457, 475 kann ich mir auch nicht recht auf dem Hammerflügel vorstellen)

Dass du Probleme in der Dynamikkontrolle gehabt hast, habe ich nicht wahrgenommen. Der Mozart ist wunderbar gespielt, alles ist an seinem Platz, nichts übertrieben und trotzdem nicht langweilig.
(Wobei einige Wdhs hätte ich weggelassen :floet: )

lg marcus
 
Fips7, mir haben deine Einspielungen auch seeeeeehr gut gefallen!

Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass sich das Spielgefühl der verschiedenen Instrumente gravierend unterscheidet. Und trotz der wenigen Zeit, die du zum Eingewöhnen hattest, bist du damit richtig gut zurecht gekommen. Kompliment von mir, ich würde mich damit garantiert sehr viel schwerer tun!

Du hast die Mozart-Variationen schön gefühlvoll gespielt, und auch sicher. Habe nix zu meckern, bin nur voll des Lobes!
Auch mir gefällt der Klang des Stein-Hammerflügels am besten, passt wirklich gut zu Mozart.


Die Absoluthörer werden sich seeeehr schwer tun mit dem Zuhören :D, da die Stimmung nicht einheitlich ist.

Da ich kein Absoluthörer bin, kann ich ganz entspannt zuhören. Jedoch, wenn ich selber was spiele, ist das irgendwie anders. Habe vor längerer Zeit was auswendig auf einem Flügel gespielt, welcher wegen einer Bach-Aufführung um einen Halbton runtergestimmt wurde, es fiel mir sehr schwer. Aber du -bist du nicht Absoluthörer - als Spieler mit Absolutgehör muß das doch eine Qual sein, wenn nicht unmöglich, auf einem Flügel was auswendig zu spielen, der einen Halbton tiefer gestimmt ist?
 
Vielen Dank an alle, die hier geantwortet haben! Ich freue mich sehr über euer Interesse und Lob! :)

Ich finde auch, dass der Klang des Stein-Flügels sehr gut zu Mozart passt. Er hat eine gewisse Klarheit und "Schlankheit" an sich. Da kann man schon mal die etwas größere Mühe beim Spielen auf sich nehmen, die dieses Instrument mit sich bringt. Aber nach einer Weile braucht man ein bisschen Erholung. Es war nach den Stein-Aufnahmen eine regelrechte Wohltat, mal wieder auf dem schön gleichmäßig regulierten Förster-Flügel zu spielen. ;)

Den 1878-Bösendorfer fand ich auch sehr weich vom Klang, eigentlich zu weich. Nur wenn man mehr als forte spielt, wird er schärfer. Ich weiß nicht, ob das generell ein Charakteristikum belederter Hammerköpfe ist oder etwas mit dem Alter des Flügels zu tun hat.

Bei dem Hammerflügel hört man deutlich Mechanikgeräusche, klingt teilweise als würde die Seite gezupft, bisschen wie Gitarre : ) und der Bass klingt ziemlich dünn (am auffälligsten ist das in Var.7). Diese "Mankos" werden für mich wett gemacht durch den schönen Klang.

Meinst du mit den Mechanikgeräuschen das Knarzen, dass man im Hintergrund immer wieder hört? Das wird nicht, wie man meinen könnte, vom Klavierhocker verursacht, sondern vom Pedal. Beide Pedale waren recht geräuschintensiv. Das linke Pedal blieb sogar gelegentlich in der gedrückten Position stecken und man musste die verschobene Klaviatur mit der linken Hand an der Seite wieder zurückdrücken. Dies geschah dann mit einem Ruck und einem kleinen Knall. :D Aber bei den Duport-Variationen habe ich das linke Pedal nicht verwendet, sondern nur bei einem anderen Stück von Mozart. Mehr dazu gibt es bald in einem neuen Thread. Ich hab nämlich noch diverse Nachspeisen von Herrn André Stein mitbekommen...
Es ist interessant, dass dir der Bass so dünn vorkam. Ich habe es jetzt noch einmal angehört und es stimmt, dass der Bass nicht so voll klingt wie wenn man direkt vor dem Instrument sitzt. Ich meine, natürlich ist der Bass nicht vergleichbar mit einem modernen Flügel, aber am Instrument klang er sehr schön warm und durchaus voll. Dünn empfand ich eher die hohen Töne, zwar scharf, aber nur kurz klingend. Die klingende Saitenlänge bei den höchsten Tönen beträgt gerade einmal ein paar Zentimeter. Aber in der Aufnahme kommt das tatsächlich nicht so raus.

Da ich kein Absoluthörer bin, kann ich ganz entspannt zuhören. Jedoch, wenn ich selber was spiele, ist das irgendwie anders. Habe vor längerer Zeit was auswendig auf einem Flügel gespielt, welcher wegen einer Bach-Aufführung um einen Halbton runtergestimmt wurde, es fiel mir sehr schwer. Aber du - bist du nicht Absoluthörer - als Spieler mit Absolutgehör muß das doch eine Qual sein, wenn nicht unmöglich, auf einem Flügel was auswendig zu spielen, der einen Halbton tiefer gestimmt ist?

Ich könnte mir gut vorstellen, dass es für einen Absoluthörer sehr schwierig wäre, sich an dem Hammerflügel und dem 1878-Bösendorfer auf das eigene Spiel zu konzentrieren. Aber ich hatte damit - meinem relativen Gehör sei Dank - keine Probleme. 8)

Grüße von
Fips
 
Ich habe übrigens ganz vergessen, Bernhard hier im Thread für den Zugang zu seinen Flügeln zu danken. So viel ich weiß, liest er bis jetzt noch nicht im Clavio-Forum mit, aber das kommt vielleicht noch. Ohne seine Bereitschaft, mich an den alten Flügeln spielen zu lassen, hätte es diesen Vergleich jedenfalls nicht gegeben. Seine Unkompliziertheit hinsichtlich meiner stundenlangen Aufnahmesitzungen war sehr angenehm. Bei einem meiner Besuche durfte ich sogar nochmals seine Kochkünste genießen... :cool: :cool: :cool:

Das alles will ich in diesem kleinen Extra-Beitrag noch würdigen. Ich werde demnächst die Aufnahmen noch auf CD brennen und sie Bernhard vorbeibringen.

Grüße von
Fips
 

Ah es hat funktioniert und so konnte ich die Aufnahmen am Wochenende hören ;-) Also, erstmal super gespielt, hat mich sehr sehr gut gefallen und ich habe die Variationen den ganzen Sonntag vormittag in der Schleife gehört, wunderbare Musik !! Irgendwann sind dann 3 Instrumenten ausgeschieden und in der Schleife blieb nur noch den Stein - hat mir am besten gefallen. Danke Fips, es ist wirkliche eine sehr schöne Idee gewesen und ganz großartig die Gelegenheit, verschiedene Instrumenten zu hören.

Gruß,
Alia
 
Hallo Alia,

Ich hörs auch dauernd in einer Schleife - besonders den Stein. Waren das nicht großartige Instrumente - und sind es immer noch nach über 180 Jahren?:p

Ich werd auch nochmal so ein Ding bauen ohne Gussrahmen - irgendwie gefällt mir der zerbrechliche Klang.:cool:

LG
Michael
 
Wow, ich muss sagen, ich konnte noch nie denselben Pianisten auf unterschiedlichen Instrumenten hoeren. Alleine schon deshalb ist das wirklich spannend, hier zu vergleichen. Ich hatte mich immer fuer einen strikten "moderner Fluegel"-Anhaenger gehalten (und noch gestern im Forum davon geschrieben), aber der André-Stein hat mir auch sehr gut gefallen. Ich frage mich, ob der Boesi Imperial in der Aufnahme unvorteilhafter wirkt als "in echt" - denn irgendwie ueberzeugt er mich hier nicht so. Ich habe aber noch laengst nicht alles angehoert, wollte nur schon mal einen Ausdruck der Begeisterung ueber ein so grosses Projekt loswerden. Bei allem Sprechen ueber die verschiedenen Fluegel wollte ich doch nicht vergessen, Dein schoenes, lebendige und wirklich erfrischendes Mozart-Spiel zu erwaehnen!
 
Ich frage mich, ob der Boesi Imperial in der Aufnahme unvorteilhafter wirkt als "in echt" - denn irgendwie ueberzeugt er mich hier nicht so.

Man darf nicht vergessen, dass dieser Bösendorferflügel noch völlig "unbekümmert" in der Werkstatt stand. Es wurde noch nicht mit irgendwelchen Restaurierungsarbeiten begonnen, d.h. es waren alte, angelaufene Saiten drauf, alte Hammerköpfe drin usw. Ein Mitarbeiter von Bernhard sagte mir, dass der Flügel zwar in letzter schon einmal grob gestimmt worden sei. Aber die Stimmung war (wie man hört) schon wieder beeinträchtigt, als ich das Stück aufnahm. Leider war Bernhard an diesem Tag nicht da, sonst hätte ich sicher noch detailliertere Informationen. Ich kann ihn dann nochmal fragen, wenn ich ihm die CD vorbeibringe.

Danke auch für dein Lob! :)

Grüße von
Fips


EDIT:
Ups, jetzt habe ich dich falsch verstanden. Du meintest den Bösendorfer Imperial. :oops: (Danke für den Hinweis, Klaviermacher!) Dass der so unvorteilhaft wirkt, liegt mit daran, dass er ganz anders aufgenommen wurde, als die anderen (steht in meinem langen Text am Anfang). Mich hat er übrigens gar nicht überzeugt, als ich bei Bösendorfer in Wien darauf gespielt habe. Klar, die Fülle des Instruments ist toll und für manche Stücke sicher der Hammer. Aber mich hat das eher erschlagen als beflügelt.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Toll, Fips!!!
Ein besonderes Schmankerl ist schon der Klang des Stein-Flügels und deine Interpretation der Variationen sind ein richtiger Ohrenschmaus.

Vielen Dank fürs Einspielen des Monsterprogrammes.
 
Übrigens würde ich mir auch Rückmeldungen zur Interpretation wünschen. Ich sehe die Einspielungen noch nicht als völlig gelungen an und würde gerne eure Stimmen dazu hören.
Sorry aber hab das Topic erst durch nen Hinweis von Klaviermacher in einem anderen Thema entdeckt. Nachdem ich kein "Klassiker" bin kann ich zur Interpretation selbst natürlich keinen fachlichen Kommentar abgeben und nur soviel beisteuern das mir Deine Spielweise auf allen Instrumenten ausgesprochen gut gefällt weil Du meiner Meinung nach auch sehr auf die Charakteristik der einzelnen Instrumente eingehst und die Stücke nicht nur einfach gleich "runterklopfst".
Für mich ist der Klavierklangvergleich sehr interessant; am ausgewogensten klingt das Stück für mich auf dem 1978er Bösendorfer.
Sowohl Stein als auch Förster klingen nach meinem Geschmack etwas uneinheitlich (Bassbereich im Verhältnis zu den Tenorlagen auch bei stärkerem Anschlag eindeutig zu weich) wobei der Stein insgesamt "stimmiger" ist.
Der Imperial ist, selbst wenn ich das Aufnahmemanko mit einrechne, im Verhältnis zu den anderen Klavieren für mich klanglich eigentlich nur ne Katastrophe.
 
... dabei hat Fips auf so einem gar nicht gespielt: höchstens er wurde durch die Duport-Variationen von Fips um hundert Jahre jünger.:D
Das der 1878er Bösendorfer etwas moderner klingt als man nach dem Baujahr vermuten könnte ist zwar sicher richtig aber meinen lausigen Tippfehler :oops: kann er beim besten Willen nicht vollständig kompensieren...:rolleyes:
 

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