Fehlinterpretierte Stellen und/oder Werke

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Alter Tastendrücker

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31. Aug. 2018
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Es gibt in der Klavierliteratur etliche Stellen und Werke die (Tradition=Schlamperei!?) immer wieder gegen die expliziten Angaben des Komponisten interpretiert werden. Ich meine dabei nicht die exzentrischen Individualitäten eines Glenn Gould und anderer, oder die wirren Tempi der Talsma Jünger.
Zuweilen ist man damit sogar einverstanden: Chopin op. 27,2 Des-Dur dritte Reprise des Themas im dreifachen Fortissimo (fff!!).
Aber ein treffenden Beispiel ist Beethovens 'Pathétique' c-Moll op. 13 das Allegro Hauptthema des ersten Satzes, ein Werk, das man weniger im Konzert als bei Vortragsabenden der Musikschulen und Hochschulen hört.
Die Achtel der Linken werden undeutlich und ohne rhythmische Energie genuschelt!
Die aufsteigenden Viertel mit den Synkopen werden Crescendo gespielt, obwohl das Crescendo explizit erst bei der ersten Halben der absteigenden Linie beginnt. Diese Halben werden dann oft nicht korrekt wie vorgeschrieben im Staccato (halbe Länge, also etwa Viertel und Viertelpause) und mit deutlichen Crescendo gespielt. Das Thema wird also komplett korrumpiert!
Kennt Ihr weitere derartige traditionelle 'Uminterpretationen'?
 
Beethoven, Sturmsonate Finale: das Hauptthema im Pedal, sodass die Notation mit durchklingendem a in der Begleitung verschwindet - ganz anders, trockener, trippelnder mit insistierendem a korrektes pedalloses Spiel.

Beethoven op.111 Variationen in verschiedenen Tempi, statt korrekt einen Puls durchhalten.

Chopin, Etüde op.10, 3 die Aussenteile lahm schmalzig (in mir klingt ein Lied) statt in Chopins Tempo.
 
Die Sturm-Sonate ist da auch besonders betroffen! Ich habe bei Kursen und Gesprächskonzerten immer wieder blankes Erstaunen erfahren müssen, wenn ich darauf hingewiesen habe, dass hier kein meteorologisches Phänomen beschrieben wird!
 
Chopin op. 48,1: Das Thema nach den Oktaven wird oft appassionato und laut gespielt, dabei soll es leise bleiben! Das können nur die meisten nicht (wegen zu vieler Töne in zu kurzer Zeit).
 
Es gibt in der Klavierliteratur etliche Stellen und Werke die (Tradition=Schlamperei!?) immer wieder gegen die expliziten Angaben des Komponisten interpretiert werden. Ich meine dabei nicht die exzentrischen Individualitäten eines Glenn Gould und anderer, oder die wirren Tempi der Talsma Jünger.
Zuweilen ist man damit sogar einverstanden: Chopin op. 27,2 Des-Dur dritte Reprise des Themas im dreifachen Fortissimo (fff!!).
Aber ein treffenden Beispiel ist Beethovens 'Pathétique' c-Moll op. 13 das Allegro Hauptthema des ersten Satzes, ein Werk, das man weniger im Konzert als bei Vortragsabenden der Musikschulen und Hochschulen hört.
Die Achtel der Linken werden undeutlich und ohne rhythmische Energie genuschelt!
Die aufsteigenden Viertel mit den Synkopen werden Crescendo gespielt, obwohl das Crescendo explizit erst bei der ersten Halben der absteigenden Linie beginnt. Diese Halben werden dann oft nicht korrekt wie vorgeschrieben im Staccato (halbe Länge, also etwa Viertel und Viertelpause) und mit deutlichen Crescendo gespielt. Das Thema wird also komplett korrumpiert!
Kennt Ihr weitere derartige traditionelle 'Uminterpretationen'?

Wen interessiert was der Komponist wollte? Sind wir hier bei der Heiligen Inquisition oder anderen Gotteskriegern?
:005:

Ne ehrlich, wenn es gut klingt dann ist es gut. Wenn es schlecht klingt....
 
Ne ehrlich, wenn es gut klingt dann ist es gut. Wenn es schlecht klingt

Hab ich hier das Ironiezeichen überlesen.
Wenn Beethoven im langsamen Satz der Sonate op. 10,3 einen Melancholiker (also einen Depressiven nach heutigem Sprachgebrauch!) schildern wollte und wir uns vor Behagen in unseren Stuhl kuscheln, dann ist wohl etwas schiefgelaufen.
 
Von Brahms ist sinngemäß überliefert "Spielen Sie, wie Sie wollen, aber spielen Sie es schön". Diese Ansicht teil(t)en aber sicher nicht alle Komponisten. Wozu macht sich einer die Mühe, extrem genaue Anweisungen zu notieren (z.B. Schumann), wenn man sie dann nicht beachtet?
Ich sage: beachten, nicht einhalten. Man kann auch etwas lesen und sich dann dagegen entscheiden. Aber einfach irgendetwas machen, das geht zumindest mit dem Anspruch an professionelles Niveau nicht @Nico_C
 
Richtig.

Alles wahrnehmen und verstehen, was da steht. Nachvollziehen, was der Komponist mit dem, was er da hingeschrieben hat, gemeint haben könnte. Und dann aufgrund dieser fundierten Informationen in "erwachsener" Weise entscheiden, ob man die Anweisung "befolgt" oder davon abweicht.

Ist wie beim Bei-Rot-über-die-Ampel gehen.
Warum gibt es Ampeln? Um a) Verkehrsfluss zu ermöglichen und zu regulieren und b) Sicherheit zu gewährleisten. Sehr vernünftig.
Ich gehe also NICHT über eine rote Ampel, wenn ich dadurch Gefahr laufe, jemanden zu gefährden, oder wenn ich dadurch den Verkehrsfluss beeinträchtige. Oder wenn ein (kleines) Kind oder Polizeibeamte in der Nähe sind.
Wenn dies alles jedoch nicht gegeben ist, z.B. nachts um 1, kein Auto weit und breit, etc., dann gehe ich über die rote Ampel, weil es natürlich idiotisch (und sehr "deutsch"...) ist, da rumzustehen und zu warten, also ein "Regeln-Beachter" zu sein.

Sei im Leben niemals ein "Regeln-Beachter". Sei ein Regeln-Kenner und Regeln-umsetzen-Könner (!!), der aber weiß, wann es anders besser, vernünftiger oder spaßiger ist.
 

breit, etc., dann gehe ich über die rote Ampel, weil es natürlich idiotisch (und sehr "deutsch"...) ist, da rumzustehen und zu warten, also ein "Regeln-Beachter" zu sein.

Sehr schön und völlig einverstanden, theoretisch! Denn: ich habe die Erfahrung schon gemacht, mitten in der Nacht niemand weit und breit über die rote Ampel gefahren (Fahrrad!) , Polizist aus seiner Deckung gesprungen, Strafzettel!
Der Polizist war auch ganz humorfrei deutsch und ging auf meine Argumente nicht Mal im Ansatz ein!
 
...die Analogie von Ampel und Partitur ist sehr gewagt...
Was das verschlimmbessern betrifft, so kennt man das aus der Historie: es bekleckert sich nur selten mit Ruhm...

Zahllose "Oberlehrer" fanden viele marginale Stellen, denen sie "hier irrte Goethe" attestieren könnten - man kennt den Goethe immer noch, die Verbesserer/Korrektoren nicht.
 
3. Satz Waldstein-Sonate: das "Allegretto moderato" wird oft viel zu schnell gespielt und das "Prestissimo" am Schluss verliert dann seine Wirkung. Auch die Pedalangaben werden widersprüchlich gestaltet. :D
 
Mit dem Auto eine rote Ampel zu überfahren ist noch eine andere Sache als mit dem Fahrrad. Besonders beim rechts abbiegen, da kann man es mit dem Fahrrad halten wie Mr. Bean (mit dem Auto...).
 
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Hier Beethoven op. 2/1 Takt 7 (und analoge Stellen) werden in fast allen (mir bekannten :001:) Aufnahmen die 4 Achtel in halber Geschwindigkeit gespielt. :008:
 
Beethoven 1. Klavierkonzert, 1. Satz, 2. Thema in der Exposition.

Irgendwann spiele ich das gedruckte F und strecke dabei meine Zunge raus.

Etwas mehr im ursprünglichen Sinne der Frage: "Angst vor Löchern" – kaum ein guter Klavierspieler achtet auf die genauen Pedalanweisungen von Liszt (und auch Chopin, glaube ich), wo das Pedal dem Klang innerhalb eines Taktes Fülle verleiht, ihn aber nicht zum nächsten bindet. Es hängt nicht bloß mit einer Druckkonvention zusammen; man schaue in die Orchesterkompositionen von Liszt und sehe, dass das Taktende in der Tat oft absichtlich leer ist!
 

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