Lieber hyp408,
ich hatte die Aufnahme von Barenboim noch nicht gehört, deshalb war ich zunächst ebenso überrascht wie du über das h.
Ich habe dann versucht, ein Autograph aufzutreiben, z.B. über diese Website
http://dme.mozarteum.at/DME/nma/start.php?l= . Dort gibt es kein Autograph o.ä., aber eine Ausgabe, die das "b" (gelb markiert) bestätigt, das auch in meinen anderen Ausgaben zu finden ist:
Auch im "Kritischen Bericht" steht diesbezüglich nichts, sondern nur das a' betreffend:
Trotzdem spielt Barenboim h anstatt b und ich halte viel von seiner Expertise. Warum also macht er das bzw. was könnte dahinter stecken?
@mick kennt sich besser aus in Tonsatz und Gepflogenheiten der damaligen Zeit und kann dahingehend besser Auskunft geben. Ich vermute, dass Barenboim dort zwei Vorhalte hintereinander spielen wollte.
In Takt 33 hören und sehen wir den wunderbaren Wechsel der Tonika G-Dur des Andantes nach g-moll. Ab Takt 37 wechselt die Tonart zu B-Dur, der Parallele.
Wenn wir uns nun T. 39, den Takt, um den es dir geht, anschauen, befinden wir uns auf der 1. Taktzeit in c-moll, der Subdominantparallele von B-Dur. Auf der 1. Zählzeit hören wir einen Septimenvorhalt (große Septime h' löst sich in den Grundton c'' auf).
Auf der 2. Taktzeit befindet sich die Tonika B-Dur, auf der 3. ein Dominantseptakkord (F7). Auf der 3. Zählzeit erklingt ein Sextvorhalt (d''-c'') über dem D7, dann bei Barenboim mit besagtem h ein Quartvorhalt (übermäßig) nach oben aufgelöst zur Quinte.
Für mich ist das durchaus schlüssig:
- Mozart könnte leicht ein erneutes Auflösungszeichen vergessen haben
- es gibt jede Menge Vorhalte/Seufzermotive im Stück - Barenboim artikuliert auch oft ganz leicht in Zweiergruppen
- vielleicht der wichtigste Grund: ein b müsste sich eigentlich als Quartvorhalt nach unten auflösen zum a. Da die Melodie aber nach oben geht, passt ein b nicht so gut. Ein h ist deutlich zwingender. Die Sekundschritte deuten außerdem auf einen Vorhalt hin. Vielleicht macht auch der Vorhalt h'-c'' auf der ersten Zählzeit was aus - das h kam im Takt ja schon einmal vor.
- Interessant ist aber, dass in T. 15 und 31 an ähnlicher Stelle ein g statt gis gespielt wird (auch Barenboim spielt es so). Auf der ersten Zählzeit in diesen Takten hat er übrigens auch einen übermäßigen Quartvorhalt (dis'') nach oben aufgelöst komponiert.
Ich hoffe, dass
@mick noch was dazu sagt. Bei sowas kann man viel lernen! Was du nun machst, bleibt dir überlassen! Mir gefällt auch das h. :)
Liebe Grüße
chiarina