Entspannt spielen trotz unbequemer Griffe

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Unbequeme Akkorde, Intervalle oder auch Läufe kommen immer wieder vor. Solange die entsprechende Passage kurz ist, kann man sie meist relativ problemlos bewältigen.
In meinem aktuellen Übungsstück, Rachmaninoff Polichinelle Op.3 Nr.4, geht die Stelle ungefähr 11 Takte lang. Wenn man das Stück ganz grob in A-B-A' gliedert, ist die Stelle im zweiten Auftauchen des Themas in A'.

Die rechte Hand greift permanent Akkorde oder Oktaven und ist deshalb die ganze Zeit gespreizt. Die Figur a-fis'-a', h', a-fis'-a' macht mir dabei am meisten Probleme.

Ich hatte überlegt, dass man die Hand zwischen den Akkorden entspannen und "zusammenziehen" könnte, damit sie nicht permanent gespreizt ist, aber dafür ist das Tempo zu hoch. (Allegro vivace)

Habt ihr Tipps für solche Stellen im allgemeinen oder hier für den speziellen Fall?

marcus
 
Die Noten habe ich nicht und Rachmaninoff ist ja noch nicht so lange tot, daß man sie legal irgendwo herunterladen könnte.

Vermutlich braucht man ein bischen Übung, um diese Spreizung dauerhaft durchzuhalten. Aber kann es sein, daß einfach dein Handgelenk zu fest wird?

Vielleicht hilft dir ja ein Blick auf Victor Merzhanov bei Youtube.

Mich wundert allerdings, daß du mit längeren Oktavpassagen nicht klarkommst aber bereits dieses Stück spielst. Was sagt denn dein Lehrer, wie du das bewerkstelligen sollst?

Im übrigen braucht Entspannung nicht viel Zeit, vorausgesetzt, man ist noch nicht verspannt.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Es gibt leider Stücke, die man beim besten Willen nicht entpannt spielen kann. Wenn der Komponist sehr große Hände hatte, kann man manches möglicherweise auch garnicht spielen. Oktavgriffe sollten aber eigentlich nicht zu Problemen führen. Man sollte halt nur darauf achten, daß man so entspannt wie möglich spielt, das kann durchaus manchmal bedeuten, auch über längere Strecken mit nicht unbeträchtlicher Spannung zu spielen. Wenns zu unangenehm wird, muß man sich halt ein anderes Stück suchen.
 
Das gleiche Problem habe ich auch grad bei der Etude op. 2/1 von Skrjabin. Ich dachte eigentlich das Stück wäre eher einfach aber man braucht anscheinend riesige Hände dafür! Dabei kriege ich sonst immer zu hören das ich ja die idealen Voraussetzungen für Klavierspielen habe, weil meine Hände so groß sind :rolleyes:

Aber das scheint mir teilweise wirklich unmöglich.
Kann jemand den letzten Takt auf der 1. und den 2.+3. Takt auf der 2. Seite so spielen das es sich gut anhört?
http://imslp.info/files/imglnks/usimg/0/0f/IMSLP02924-Scriabin_-_Etude_Op.2_No.1.pdf

Wenn ich die Stelle überhaupt hinkriege dann nur völlig ausdruckslos weil meine Hand so verspannt ist... Da kriege ich dann doch mal Angst vor einer Sehnenscheidenentzündung.
 
Aber das scheint mir teilweise wirklich unmöglich.
Kann jemand den letzten Takt auf der 1. und den 2.+3. Takt auf der 2. Seite so spielen das es sich gut anhört?

Zu Scriabins Zeiten war das Arpeggio und das Pedal aber schon erfunden...! :p

Man schlägt den tiefsten Ton daher nur kurz an und hält ihn mit dem Pedal, dann geht das problemlos. Alternativ kann man im 1.Takt auf 1 das kleine gis auch mit der RH spielen, in Takt 3 das kleine fis auf 1 mit der LH.
 
Vermutlich braucht man ein bischen Übung, um diese Spreizung dauerhaft durchzuhalten. Aber kann es sein, daß einfach dein Handgelenk zu fest wird?
Allein um den Griff a-fis'-a' mit 1-2-4 zu greifen, stellt sich eine Verspannung ein. Immerhin ist das eine große Sexte mit 1-2! Dafür muss ich das Handgelenk nach rechts drehen, sonst geht es gar nicht. Der Fingersatz scheint mir aber der beste zu sein.
Ich versuche das h' zu greifen, in dem ich das Handgelenk drehe, damit der 5.Finger passiv auf das h' kommt.

Zitat von Guendola:
Vielleicht hilft dir ja ein Blick auf Victor Merzhanov bei Youtube.
Ich habe mir jetzt drei verschiedene Interpretationen angehört, aber meistens sieht man einfach zu wenig. Bei Merzhanov kam es mir erst so vor, als wenn er frei am Notentext entlangimprovierst. Aber das hauptsächlich die Einleitung, die je nach Pianist offenbar grundverschieden gespielt wird, obwohl relativ detaillierte Vortragsbezeichnungen vorhanden sind. Sogar Rachmaninoff selbst interessieren seine eigenen Anweisungen nicht besonders :rolleyes:


Zitat von Guendola:
Mich wundert allerdings, daß du mit längeren Oktavpassagen nicht klarkommst aber bereits dieses Stück spielst. Was sagt denn dein Lehrer, wie du das bewerkstelligen sollst?
Das hast du falsch verstanden oder ich hab mich missverständlich ausgedrückt. In diesem Fall ist die dauernde Spreizung das Problem und zusätzlich kann sich die Hand kaum ausruhen, weil zwischen den unbequemen Akkorden "springende Oktaven" kommen.

Mit meiner Lehrerin war ich noch nicht so weit, aber weil dieser Teil im Prinzip eine Wiederholung des Anfangs ist, die mit einigen Zusatztönen aufgemotzt wurde, hab ich angefangen das auch zu üben.

Zitat von Haydnspaß:
Es gibt leider Stücke, die man beim besten Willen nicht entpannt spielen kann. Wenn der Komponist sehr große Hände hatte, kann man manches möglicherweise auch garnicht spielen. Oktavgriffe sollten aber eigentlich nicht zu Problemen führen. Man sollte halt nur darauf achten, daß man so entspannt wie möglich spielt, das kann durchaus manchmal bedeuten, auch über längere Strecken mit nicht unbeträchtlicher Spannung zu spielen. Wenns zu unangenehm wird, muß man sich halt ein anderes Stück suchen.
Ich werde versuchen die Anspannung für diese Takte eben so gering wie möglich zu halten.

Gestern kam mir noch die Idee, diese Figuren staccato zu üben, weil man die Hand nur kurz spreizen muss und dann wieder in eine entspanntere Haltung zurückkehren kann.

marcus
 
Ich habe das Stück nie gelernt, habe es jetzt aber angespielt und habe festgestellt, dass ich mit der Anspannung, die sich naturgemäß dort einstellt, ganz gut umgehen könnte, wenn ich das Stück lernen würde (obwohl meine Hände nicht sehr groß sind).
Versuch den Daumen über die ganze Zeit so locker wie möglich zu halten, auch wenn Du zuerst das Gefühl hast, dass es auf Kosten der Präzision geht. Wenn Du dagegen versuchtst, mit dem Daumen sehr präzise zu greifen, verspannst Du die Hand und damit den Arm. Lass ihn einfach hängen und "zufällig" mitspielen. Dadurch reduzierst Du die Anspannung auf die etwas unangenehme Drehung zur Außenhand hin. Da es aber immer wieder Lagenwechsel gibt, hast Du regelmäßig die Möglichkeit, während der Bogenbewegungen zwischen den Lagen Deinen Arm zu entspannen. Du musst das langsam und bewusst üben, um zu lernen, die Entspannung augenblicklich zu vollziehen.
Ich hoffe, damit kommst Du schon ein bißchen weiter, und vielleicht hat hier jemand noch weitere Tipps für Dich.

P.S. staccato üben halte ich hier für nicht so ratsam, denn gerade dabei greifst Du ja den ganzen Akkord sehr gezielt, wobei der Daumen fester spielt und dadurch die Anspannung nicht so schnell wieder abbaut.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Zu Scriabins Zeiten war das Arpeggio und das Pedal aber schon erfunden...! :p

Man schlägt den tiefsten Ton daher nur kurz an und hält ihn mit dem Pedal, dann geht das problemlos. Alternativ kann man im 1.Takt auf 1 das kleine gis auch mit der RH spielen, in Takt 3 das kleine fis auf 1 mit der LH.

Hmm also den ersten Takt auf der ersten Seite meinte ich jetzt nicht, da sieht man ja noch das es arpeggiert werden soll wegen diesen geschlängelten Linien. Ich meinte eben vor allem die RH auf der 2. Seite in Takt 2-3.

Naja vemrutlich soll man den höchsten Ton dann nur einmal anschlagen und dann mit dem Pedal halten, das b bzw. ces muss ja immer neu angeschlagne werden. Wäre vielleicht eine kleine Vereinfachung, aber trotzdem unangenehm. Vor allem der Vorschlag an der Stelle ist auch fies, finde ich.
 
Ich meinte eben vor allem die RH auf der 2. Seite in Takt 2-3.

Naja vemrutlich soll man den höchsten Ton dann nur einmal anschlagen und dann mit dem Pedal halten, das b bzw. ces muss ja immer neu angeschlagne werden. Wäre vielleicht eine kleine Vereinfachung, aber trotzdem unangenehm. Vor allem der Vorschlag an der Stelle ist auch fies, finde ich.

Du kannst doch einfach die unterste Stimme der RH mit der LH spielen, dann kannst du die Melodienoten der beiden Takte sogar mit dem 5. die volle Länge halten (was ich unbedingt raten würden, sonst kannst du keinen Pedalwechsel machen).
 
Da Hast du auch wieder Recht :-P
Danke für den Hinweis!
 
.marcus. warum willst du denn Fis-A-Fis umbedingt mit 124 spielen? Rachmaninoff ist doch nicht Mozart - und selbst dort würde ich mir überlegen, ob nicht doch 145 "erlaubt" ist, insbesondere bei diesem Tempo.

Aber wenn du a-h umbedingt binden willst, versuche es doch mal mit 134.
 

Zitat von Guendola:
Aber wenn du a-h umbedingt binden willst, versuche es doch mal mit 134.
So, ich bin nun tatsächlich auf 1-3-4 umgestiegen. Zuerst war ich ziemlich skeptisch, weil ich a-h binden will und ich will diese Figur a-h-a etwas hervorheben. Mit diesem Fingersatz fällt das zwar schwerer, aber man kann dafür relativ entspannt spielen.

Die Antworten zum Grundproblem "Entspannt spielen bei unbequemen Griffen" ist ziemlich ernüchternd.
Abgesehen von der Wahl des optimalen Fingersatzes und Gewöhnung an die Griffe scheint es kaum Möglichkeiten zu geben. Dehnübungen wurden hier nicht angesprochen, aber denen stehe ich skeptisch gegenüber. Vlt probier ich aber mal was in dieser Richtung aus.

Hab mal noch diesen alten Faden dazu ausgekramt.

marcus
 
Nimm es mal auf, mit 134 und mit 145, dann spiele es anderen vor und lasse sie entscheiden, was besser klingt (bei 145 versuchst du natürlich garnicht erst, zu binden sondern spielst H mit 1-5).

Ich will nicht der Pfuscherei das Wort reden aber eine insgesamt sehr angespannte Passage könnte dem Stück mehr schaden als ein paar Bindungen weniger.
 
So, wollte mal wieder Bericht erstatten:

Ich nehme jetzt für die Figur 1-2-4 und binde mit 4-5. Das ist zwar unbequem, aber ich denke, es ist doch die beste Lösung.
Mittlerweile kann ich diese Stelle auch spielen ohne zu verspannen; aber nur, wenn ich es nicht mehr als 2 mal hintereinander spielen muss, sonst wird die Anspannung zur Verspannung.

Vielen Dank für eure Ratschläge. Auch wenn ich am Ende doch so spiele, wie ich es am Anfang vorhatte, habt ihr mich doch weitergebracht. :)

lg marcus
 

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