Dom Antonio de Braganza, Bankert des portugiesischen Königs Johann

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Wiedereinaussteiger

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Letzter Absatz. Diplomatische Tätigkeit seines Sohnes Dom Antonio

... Widmungsträger der allerersten Klaviermusik von Lodovico Giustini.
Mitnahme der Lehrlinge Cristoforis nach Portugal.

Eigentlich bräuchte Dom Antonio allein hierfür zur Ehre einen eigenen WP-Artikel. Immerhin waren die portugieser Neubürger die einzigen Konkurrenten der Silbermänner beim jungen Hammerflügelbau nach den Kochrezepten Cristofori und der Notation 1711 von Scipione Maffei.
 
Wer waren denn diese "portugiesischen" Lehrlinge Cristoforis und gibt es irgendwo Aufnahmen von überlebenden Exemplaren, die von ihnen gebaut wurden? Irgendwie scheint diese iberische Linie des Klavierbaus schnell wieder gestorben zu sein? Warum? Ich habe jetzt gerade keine Zeit, mich um Recherchen dazu zu kümmern, aber Du scheinst ja gerade dabei zu sein. Wenn Du was findest, lass es uns wissen.
 
Wühle mich gerade partiell durch den Konstantin Restle, und partiell durch Martha Clinkscale, auf der Suche nach den Namen udn Tätigkeitsfeldern "Lissabon" oder "Setubal" oder oder, wo so die Bragancas herumresidierten.
Werde auch nochmal in die Beurmann-Bücher gucken.

Denn ir-gend-wo las ich mal die Namen der Lehrlinge aus Cristoforis Werkstatt, die mit dem Dom Antonio westwärts segelten, mit Anlauf hart "bergauf" bei Gibraltar, denn der Atlantik steht 1.4 Meter höher als das Mittelmeer. Nil, Donau, Rhone, Wolga usw. führen zwar mal reichlich Wasser, reicht aber nicht - daher mega Strömungseintrag bei Gibraltar in die riesige Verdunstungsfläche namens "Mittelmeer".
</bildungsprotz>

Namen aus der Frühzeit in Lissabon sind mir bisher Henrique van Casteel, geb. in Tournai, Südbelgien, in den 1770er Jahren in Lissabon aktiv, später nach Brüssel retiriert. Und Antunes. Auch um die 1770er, 80er Jahre tätig.
Diese Zeiten sind mir aber bissken spät, denn wie gesagt, 1732 sind die Burschen von Florenz weg. Allerdings meine ich mich dunkelst zu erinnern, dass ein Verbleib sehr früher Hammerklaviere des 18. Jahrhunderts aus Portugals Werkstätten zu Zeiten der Princesa Maria Barbara nicht nachgewiesen ist.

Im Gegensatz zu paar wenigen Silbermann-Flügeln in Potsdam.

UU. sind auch die Paläste in Portugal und Madrid zu gut verschlossen ...
Fürstens haben das teils gar nicht so gerne, wenn ihnen die Plebs ins Schlaf- oder Wohnzimmer guckt.

Davon ab, wenn man einmal nur wählen dürfte, Paläste zu knacken, wählte ICH ... die Serails in Istanbul, auf der Suche nach den vielen Steinway-Flügeln, die Sultan und Kalif Abdul Hamid der Zwote 1875 bis ca. 1910 wie besessen kaufte, um seine zeitgleich immer nur max. viere, hintereinander aber 12 Frauen zu erfreuen.
 
Ok, ich habe doch auf die Schnelle ein paar Dinge gefunden. Einiges an Material zu Cristofori Fortepianos gibt es auf der Seite Kerstin Schwarz. Speziell dieses Dokument enthält eine Liste der erhaltenen Hammerflügel, nach denen man weiter suchen kann.

So finden sich mehrere Aufnahmen des Flügels von Henrique van Casteel, z.B. diese Sonate von Scarlatti:


Scarlatti hat zwar speziell dieses Instrument nicht gekannt, da es erst nach seinem Tode gebaut wurde, ist aber sicher bei seinem Unterricht von Dom Antonio und Maria Barbara de Bragança mit Hammerflügeln aus der Werkstatt von Cristofori oder seinen Lehrlingen in Kontakt gekommen.

Hier gibt es neben Erklärungen (auf Portugiesisch) auch ein paar klangliche und optische Eindrücke. Casteel scheint Portugal wieder verlassen zu haben. Informationen zu Casteel scheint es in Stewart Pollens "The Early Pianoforte" zu geben, sonst habe ich erstmal nichts gefunden.

Maria Barbara besaß mehrere Instrumente von Giovanni Ferrini, welcher nach dem Tod Cristoforis in Italien blieb. Hier auch wieder Scarlatti auf dem einzigen erhaltenen Fortepiano (+Cembalo in einem Instrument) aus seiner Produktion:


Von dem Fortepiano von Joaquim José Antunes gibt es auch einige Aufnahmen:



Zumindest in der Antunes Familie hat sich die Herstellung von Tasteninstrumenten bis zu João Baptista Antunes (gestorben 1865) gehalten.

Mit Francisco Pérez de Mirabal und Sohn Juan Manuel Pérez Mirabal sowie Francisco Pérez' Lehrling Juan del Mármol (sowie gleichnamigem Sohn) gibt es eine Linie spanischer Klavierbauer in Sevilla, die auf Cristofori zurückgehen, offensichtlich inspiriert durch die Instrumente Maria Barbaras, zumindest ursprünglich, zur weiteren Entwicklung dort habe ich nichts gefunden.

Hier gibt's noch was auf Spanisch zum Thema, wozu ich aber noch keine Zeit hatte:
 
Scarlatti hat zwar speziell dieses Instrument nicht gekannt, da es erst nach seinem Tode gebaut wurde, ist aber sicher bei seinem Unterricht von Dom Antonio und Maria Barbara de Bragança mit Hammerflügeln aus der Werkstatt von Cristofori oder seinen Lehrlingen in Kontakt gekommen.
Kleine Ergänzung: Domenico Scarlatti hatte Cristofori schon in Italien mit seinem Vater Alessandro zusammen besucht.

Hier gibt's noch was auf Spanisch zum Thema, wozu ich aber noch keine Zeit hatte
Habe mir jetzt den Vortrag angesehen und kann es für jeden, der Spanisch versteht und den das Thema interessiert empfehlen. Keine Ahnung, ob die automatische Übersetzung von Youtube etwas Sinnvolles liefert...

Ein interessantes Detail darin ist das von Tadeo Tornel 1777 gebaute einzigartige Instrument, welches Cembalo, Hammerklavier und Orgel in einem Instrument mit einer einzigen Klaviatur vereint. Zu Klavierbauer und Instrument habe ich diesen Artikel gefunden, allerdings auch wieder auf Spanisch.

Das Instrument ist unmodifiziert erhalten und steht heute im Museo de Bellas Artes in Murcia. Hier gibt es Bilder (bei 6:36), leider nur kurz:
 
Und dann war da noch Mathias Bostem, ein deutscher Klavier/Cembalobauer, den es nach Portugal verschlagen hat. Es schien gar nicht so selten gewesen zu sein, dass deutsche Cembalo- und Orgelbauer nach Portugal gingen.
 
Ich las jetzt (bei der Clinkscale), dass ein Fortepiano vom Ferrini schon von der Vorgängerin Maria Barbaras als spanische Königin in Gebrauch war. Da 1746 der Gemahl von Maria Barbara König wurde, aber die vorige Königin Elisabetta Farnese noch lebte, wird sie die Ferrini-Kiste weiterbenutzt haben. Sie musste allerdings mit ihrem Krempel umziehen, da sie sich zuvor extremst unbeliebt gemacht hatte dadurch, dass sie das jetzige Königspaar zuvor quasi in Geiselhaft und großer Kontaktarmut gehalten hatte.

Weiters war mit beim Hereinhorchen in YT aufgefallen, dass die Klangbeispiele doch weitenteils bisschen amateurig aufgenommen wurden, derweilen aber die kompletten Giustini-Sonaten vom Wolfgang Brunner in einer ausgezeichneten Künstlerschaft sich auf meiner CD präsentieren, ein Hochgenuss, sie anzuhören. Und eine knackig harte Empfehlung für alle mit Interesse für uralte Hammerklaviere. Sie wurden 1999 eingespielt von Wolfgang Brunner - nicht auf einem authentisch alten Hammerflügel, sondern auf einer Kopie des 1720er Flügels von Cristofori, die Reiner Thiemann in Nürnberg 1995 angefertigt hatte. Erst dachte ich beim initialen Klang, ah baah fies, Cembalo..,. bis dann doch lauter, leiser zu hören war. Sehr performant und motivierend, wenigstens den ersten Satz will ich mal versuchen mir einzuarbeiten. Sehr typische Barockmusik, herrlich verziert, on der ich viel zu wenig habe.

Ich hatte das Glück, von den mehreren bei ebay herumlungernden CDs eine für tiefe 8 EUR zu erwischen. Ich muss lange, lange überlegen, dass mir 8 EUR auszugeben tiefere Freude machte - die Eisbecher hier von "Venezia" mit besoffenen Kirschen sind etwas teurer...
 

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