Clavichord Besaitung

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mattf

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2. März 2025
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Hallo zusammen,

Ich habe neulich ein gebrauchtes einchöriges Clavichord gekauft. Die Saiten wurden vom Vorbesitzer ersetzt, und zwar durch übliche E-Bass- und Gitarrensaiten in nur zwei Stärken. Weil ich über Saitendraht in 0,03 mm Stufen von 0,2 mm bis 0,85 mm verfüge, möchte ich das Instrument neu besaiten mit den richtigen Stärken.
Jetzt mein Problem. Es wurden nur wenige von diesem Modell hergestellt, und der Hersteller ist 1975 gestorben, also gibt's keine richtigen Informationen überhaupt im Internet, geschweige denn einen Besaitungsplan oder ähnliches.
Deswegen wende ich mich an euch. Ich muss irgendwie herausfinden oder errechnen, wie dick jede Saite sein soll.
Ein paar Daten:
Das Instrument hat 4 1/2 Oktaven, C1 bis F5 in dem englischen System (kann jemand übersetzen?). Ich glaube aber dass das eine Oktave niedriger ist als es sein sollte.
Vom Anhängestift bis zum Steg sind 86,5 cm für die niedrigste Seite und 38,5 für die höchste.
Von der Tangente bis zum Steg sind 80,5 bis 16 cm.

Danke euch im Voraus und beste Grüße
Matt
 
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Hallo @mattf,
verrate doch mal den Hersteller und stelle Fotos ein, dann kann dir besser geholfen werden.
 
Danke Stefan. Das bestätigt meine These, ich habe ein größeres Clavichord gefunden wo der Umfang als FF bis f3 angegeben war. Weil meins kleiner ist müsste der geplante Umfang c bis f4 sein. Im Moment sind die niedrigen Saiten dicke umsponnene E-Bass-Saiten die kaum durch den Kamm (also diesen Steg rechts der Löcher hat für die Saiten) passen, und sind trotzdem so locker dass sie kaum einen Ton erzeugen.

Bilder kommen bald. Der Hersteller ist Merzdorf.
 
Es gibt Tabellen, bei welchen Saitenlängen und welchen Tonhöhen welche Dicken zu benutzen sind. Ich weiß nicht wo, aber jemand vielleicht findest du Links auf clavichord.info . Dort findest du jedenfalls Instrumentenbauer, die es dir sagen könnten. Da ist manches auch anders als man zunächst denkt - z.B. reißt eine dicke Saite eher als eine dünne: denn man müsste sie viel stärker anziehen, um die gewünschte Tonhöhe zu erhalten, und kann ihre Belastungsgrenze überschreiten. Umgekehrt darf die Saite nicht zu dünn sein, denn kurz bevor sie reißt klingt sie am besten: An diesen optimalen Punkt kommt man bei einer zu dünnen Saite erst gar nicht.
Bei einchörigen Instrumenten kann unabhängig davon das Problem auftreten, dass die einzelne Saite zu sehr durch den Tastendruck verzogen wird und der Ton sehr wabert. Da kann eine geeignete Bespannung ganz wesentlich sein... Instrumentenbauer wissen das besser als ich.
 
Interessant. Weißt du auch, warum das so ist? Verringert sich die Inharmonizität mit größerer Spannung? Oder funktioniert die Übertragung auf den Steg besser?



Interessant. Weißt du auch, warum das so ist? Verringert sich die Inharmonizität mit größerer Spannung? Oder funktioniert die Übertragung auf den Steg besser?
 
Nein, weiß ich leider nicht. Könnte tatsächlich mit abnehmender Inharmonizität zusammenhängen. Oder vielleicht weil für die gleiche Auslenkung mehr Energie in die Saite gesteckt werden muss und die Abklingdauer verlängert wird? Der Klang würde womöglich mit weiter steigender Spannung immer schöner werden ... wenn nicht irgendwann die schnöde Realität in Form des Reißens zuschlagen würde.
 
Ein entscheidender Grund dafür, zur ursprünglich konzipierten Besaitung zurückzukehren, dürfte sein, dass bei Abweichungen und damit u. U. verbundener stärkerer Gesamtspannung das grazile Korpus-Kästchen sich mittelfristig verzieht oder sogar kurzfristig zerknackt: Peng!
 

Gut , dass du wieder an die schnöde Realität erinnerst. Ich denke aber, es muss nicht der ursprüngliche Besaitungsplan sein, sondern ein guter Plan. Man kann ja auch die Stimmtonhöhe ändern.
Die Realität schlägt tatsächlich zu, denn so gut wie alle Clavichorde verziehen sich im Laufe der Jahre. Ein Prozess, der irgendwann abgeschlossen ist, wenn man nicht plötzlich zu hohe Zugkräfte einführt. Die alten Clavichordbauer (die traditionell die Orgelbauer waren) rechneten von vornherein damit und bauten so, dass man die Tasten trotzdem wieder einregulieren konnte. Auch die zeitgenössischen Instrumentenbauer haben das nach einer Lücke in der Tradition wieder gelernt.
Ich vermute, dass die maximal mögliche Spannung bei einer ausreichend dünnen Saite nicht so hoch ist. Es kommt auch auf das Material an (Messing, irgendwelche Bronzelegierungen, Eisen). Jedenfalls würde ich nicht einfach Gitarrensaiten nehmen, Stahl ist vermutlich zu belastbar, so dass man das Instrument zu sehr stresst.
Wenn du jetzt nicht weiterkommst und im Herbst an dem entsprechenden Wochenende Zeit hast, fahr mit deinem Instrument auf die nächste Tagung der DCS (siehe clavichord.info). Es ist DAS Treffen von Erbauern, Musikern und Liebhabern. Ich bin sicher, dass dein Problem da gelöst wird, Instrumentenbauer sind selbst auch neugierig auf mitgebrachte Instrumente. Als Dreingabe gibt es eine Instrumentenausstellung mit Anspielmöglichkeit und Konzerte.
 
bei Abweichungen und damit u. U. verbundener stärkerer Gesamtspannung das grazile Korpus-Kästchen sich mittelfristig verzieht
Das habe ich schon gemerkt. Ich habe das Instrument gestimmt und nach ein paar Tagen waren die meisten Saiten einen Ton zu hoch.

Ich wende mich an Merzdorf und berichte von deren Antwort.

Was das Erstellen eines eigenen Plans angeht habe ich diese Website gefunden: https://musiksaitenrechner.de/universal-saitenrechner.htm
Da müsste ich aber erst den richtigen Zug bzw Spannung wissen oder errechnen. Ich kann natürlich eine eigene Saite mit ungefähr der richtigen Stärke nehmen und stimmen, dann weiß ich Frequenz, Länge und Stärke und kann Zug berechnen, aber das hilft mir nicht wirklich, weil ich keine Ahnung habe ob er richtig ist. Zu locker = die Saite erklingt nicht richtig weil sie zu leicht ausweicht wenn die Tangente sie schlägt. Und zu viel Spannung könnte das Instrument beschädigen wie oben beschrieben.

Angehängt ein paar Bilder.
 

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Ja, der Vorbesitzer hatte die meisten Saiten zu hoch gestimmt.
 
Aber du hast es auf die korrekte Höhe gestimmt und dann ist es von alleine wieder höher geworden?
 
Das Ding ist ja schon historisch, gratuliere! 1950er Jahre? Die aktuelle Firmeninhaberin von Merzdorf habe ich schon mal auf einer DCS-Tagung gesehen. (Man muss übrigens nicht Mitglied sein, um die Tagung zu besuchen.)

Bei den Treffen der DCS werden meist aktuelle Nachbauten alter Instrumente gezeigt, wirklich historische Instrumente und solche aus den Anfängen der Revival-Zeit selten.
Es würden sich einige darum scharen, und du würdest auch Tipps bekommen, wie man mit wenig Aufwand und auch ohne Umbau Verbesserungen machen könnte. Ich kann mir vorstellen, dass die Töne sehr schwimmen (einchörig, minimale Bespannung). Das einfachste könnte ein - abnehmbares - Dämpferbrett über der jetzigen Bespannung sein. Da könnten dir die Meister aber bessere Hinweise geben als ich.

Das finde ich das Reizvolle am Clavichord, dass es im Grunde so simpel und verständlich ist - und es trotzdem auf die Details ankommt.
 
Aber du hast es auf die korrekte Höhe gestimmt und dann ist es von alleine wieder höher geworden?
Ja weil der Körper vermutlich unter zu viel Spannung war. Es war bei meinem Cembalo auch so als ich es von 440 auf 415,3 hz gebracht habe.
Das Ding ist ja schon historisch, gratuliere! 1950er Jahre?
Laut Verkäufer 1930, eines der ersten von Walter Merzdorf.
Das finde ich das Reizvolle am Clavichord
Ich auch, deswegen habe ich mich aber auch gewundert, dass sie verhältnismäßig so teuer sind. Das ist aber wohl der Seltenheit zuzuschreiben.

Ich überlege auf jeden Fall die DCS Tagung aufzusuchen, vor allem falls ich mein Clavichord bis dann nicht zurechtbekommen habe. Ist ziemlich weit von mir aber wäre schön. (Fällt mir aber die Frage ein, warum findet die Tagung für eine Gruppe die ganz Deutschland vertritt nicht einigermaßen mitten im Land statt??)

Ich warte noch auf die Antwort von Merzdorf.
 

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