@ Roqua:
diese Etüde spiele ich auch gerade und hatte sie auch vor ca. 15 Jahren einmal angefangen. Damals hatte ich dasselbe Problem wie du, dass ich sie einfach nicht sauber und gleichmäßig auf Originalgeschwindigkeit gebracht habe. Und zwar weil ich - wie ich erst heute weiß - damals ein paar einfache, aber wichtige Sachen nicht beachtet habe, da ich sie einfach nicht mal wusste.
Ich beschreibe dir mal, wie ich sie jetzt geübt habe - damit habe ich sie in für mich erstaunlich wenigen Tagen hinbekommen und fühle mich pudelwohl mit dem Stück und genieße es richtig es zu spielen. Natürlich ist sie noch alles andere als perfekt, aber ich bin entspannt beim Spielen im Gegensatz zu früher und sie ist jetzt schon fast auf Originaltempo.
Bevor ich irgendwas dazu sage, was mir geholfen hat, möchte ich eine Sache betonen, die Stilblüte schon geschrieben hat, denn das ist meiner Meinung nach der Schlüssel dazu, diese Etüde nicht als schnell zu empfinden! Sie schreibt nämlich:
(...)
Wichtig für den Erfolg der Etüde ist meiner Meinung nach auch die linke Hand; die muss vollkommen problemlos, leicht, locker und entspannt (!!!!!) sein
(...)
Ich finde, die linke Hand ist wirklich der Schlüssel zu dieser Etüde, auch wenn man auf den ersten Blick denkt, man müsse sich wohl eher um die rechte kümmern, weil die so schnell gemacht werden muss. Das ist aber genau der Punkt, den ich z.B. früher nicht verstanden hatte: wie wichtig es oft ist, mit der linken Hand zu "führen", gerade wenn rechts schwere oder schnelle Stellen liegen. Und Punkt zwei: wie wichtig es ist, etwas entspannt laufen lassen zu können und dem, was man im Langsamen sauber gelernt hat, einfach vertrauen zu können - hier die rechte Hand. (Stilblüte, das ist glaube ich genau dein Gedanke vom Loslassen, oder?) Was ich damit meine, wird hoffentlich im Folgenden klar.
Die linke Hand hat in dieser Etüde die harmoniebildende Funktion und während die rechte Hand die Melodietöne so stark und schnell umspielt, sorgt die Linke auf eine flüssige, aber nicht hetzende Art dafür, dass man sich "zuhause" fühlt und weiß, wo im Harmoniegefüge man sich gerade befindet. Sie hat diese fließenden gleichmäßigen Dreierbewegungen, in denen es viel einfacher und entspannter ist zu denken als die rechte Hand zu denken. Der Versuch die Rechte in Einzeltönen zu denken ist meiner Meinung nach viel zu anstrengend und der Geschwindigkeit total abträglich, das kann man ja gar nicht schnell kriegen, das macht ja kein Hirn mit (meins jedenfalls nicht und falls doch, dann würde ich mich extrem gestresst fühlen anstatt entspannt zu spielen ;) ). Genau das sagt Stilblüte ja auch und das kann ich nur unterstreichen:
(...)
Wichtig ist auch das Denken in Dreiergruppen, kein Spielen von Einzeltönen.
Das heißt aber nicht, dass man seine rechte Hand nur dahinschludern soll - man muss sie schon sauber und in Einzeltönen können, aber eben langsamer in Einzeltönen, nicht auf Originaltempo. Dann kann man dazu übergehen, in Bewegungen zu denken: Schau dir die natürlichen Bewegungen deiner Hände an, wenn du eine Dreiergruppe spielst (mit Dreiergruppe meine ich dabei nicht die Dreierpäckchen rechts, sondern ein Dreierpäckchen in der linken Hand und ein dazugehöriges Sechserpäckchen rechts): Sowohl die linke als auch die rechte vollziehen schöne weiche runde Bewegungen.
Ich habe sie folgendermaßen geübt:
(da ich immer alle Stücke auswendig spiele, habe ich damit angefangen - es hilft aber sicher auch so zum Verständnis des Stückes, denke ich: )
linke Hand anschauen, welche Harmonien man in einem Takt hat. Das ist in den ersten beiden Teilen, die sich ja direkt nochmal wiederholen, auch noch nicht so schlimm, weil sie sich da bis auf an wenigen Stellen pro Takt nur einmal ändert. Später im Mittelteil wird das anstrengender, da ist harmonisch viel mehr los - aber auch da hat es mir sehr beim Auswendiglernen geholfen und auch, um zu verstehen, wie ich die Dynamik gestalten muss.
--> mit der linken Hand ganz entspannt und langsam (!!) die runden Bewegungen bewusst spielen, die sich ganz natürlich ergeben. Dann muss man auf den ersten beiden Seiten pro Takt sogar fast immer nur einmal denken, wenn man in Harmonien denkt... :p Das ist schonmal sehr entspannt und man hat schonmal die Grundstruktur, um die sich die rechte Hand später drumrum wuselt.
Stilblüte schreibt dazu:
(...)
"niemals Anhalten", eine gleichmäßige Bewegung, nichts Ruckartiges oder Zwanghafftes
das empfinde ich genauso. Immer weiter fließen lassen, aber bloß nichts Zwanghaftes empfinden. Es muss einfach fließen.
rechts ganz langsam und jeden einzelnen Ton ganz genau spielen - am Anfang habe ich sogar wirklich die Achteltriolenpäckchen immer auf der ersten Achtel betont, obwohl ich das im Schnellen nicht mehr mache, weil ich da in Sechserpäckchen zu den Dreierpäckchen in der linken Hand denke. Aber es hat mir trotzdem geholfen am Anfang. Auch hier: ganz langsam und ganz enspannt und die natürlichen runden Bewegungen bewusst machen, die die Hand macht. Das hilft dann später in Bewegungen zu denken anstatt in Einzeltönen und damit zum Lockerlassen.
beide Hände zusammenführen, und zwar in Dreierpäckchen (wie oben beschrieben: Dreier links, Sechser rechts). Und die linke Hand denken, nicht die rechte! Danach ganz enspannt zum nächsten Dreierpäckchen übergehen - nichts Ruckhaftes Links machen, wenn du einen Sprung zum nächsten Dreierpäckchen hast. Das klingt so banal, finde ich aber total super, um den Händen beizubringen, dass die Bewegungen ganz natürlich sind, sie es problemlos alles greifen, sich enstpannt fühlen und trotzdem lernen sie rechtzeitig auf dem nächsten Ton zu sein. Das ist meiner Meinung nach echt sehr hilfreich. Das habe ich schließlich im Tempo immer mehr gesteigert, bis ich schließlich schon recht schnell war pro Dreierpäckchen - und meine Hände fanden es nicht anstrengend.
Pausen weglassen und durchspielen - aber dafür erstmal das Tempo wieder drosseln, damit man sich das entspannte Gefühl nicht kaputt macht, das man sich gerade antrainiert hat. Und dann geht es immer schneller. Lustigerweise schaue ich sogar in der ganzen Etüde nicht einmal auf die rechte Hand, sondern nur auf links. Und das hilft und reicht auch völlig aus, selbst bei Läufen oder gebrochenen Akkorden abwärts in der rechten Hand wie ganz zum Schluss.
So, das reicht denke ich mal... Entschuldige, ich wollte dich nicht zulabern mit meinen Gedanken zu der Etüde, aber da ich sie eben auch gerade am Wickel habe und mit die Unterschiede zu früher eben so deutlich vor Augen stehen, wollte ich dir das auch schreiben!
Wie man es allerdings anstellen soll, das in Oktaven zu spielen, wie Rolf erzählt, entzieht sich völlig meinem Ideenhorizont :eek:
Abgesehen von der Geschwindigkeit und dieser krassen Anforderung an die Koordination bei allem, was an exzessiven Parallelbewegungen innerhalb einer Hand so gefordert ist (z.B. auch bei der Chopin Etüde mit den Terzbewegungen, glaube es ist op. 25 Nr.6) hätte ich nicht mal so große Hände, um das in Zeitlupe greifen zu können... ;)
liebe Grüße,
Partita