Chopin Etüde op.25 Nr. 9 - Pedal

pawa

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Ich übe gerade die Etüde op.25 Nr. 9, und jetzt wo sie einigermaßen läuft, kommt das Pedal zum Einsatz. Ich habe die Henle Ausgabe, die detaillierte Pedalangaben enthält. Kann mir jemand sagen, ob diese Pedalangaben vom Meister Frederic Chopin persönlich stammen (-> Urtext), oder sind die vom Herausgeber eingefügt worden? Im ersteren Fall wären sie ja ziemlich verbindlich.

Gruß Patrick
 
Mick, meinst du, dass die Pedaleinträge in den Noten von Chopin selbst stammen oder vom Herausgeber Henle?
 
So, wie sie bei Henle stehen, sind sie original - wobei es bei Chopin ja immer zahlreiche Abschriften gibt, die teilweise erheblich voneinander abweichen. "Original" meint also hier nichts weiter als die Lesart, die der Herausgeber für die schlüssigste hielt.
 
Im Vorwort gibt es einen ganzen Absatz zu den Pedalzeichen mit Hinweisen zu Herkunft und Gebrauch.

Gruß
Manfred
 
Im ersteren Fall wären sie ja ziemlich verbindlich.
Nein, verbindlich sind sie nicht, und das nicht einmal dann, wenn Chopin sie mit seinem Herzblut ins Manuskript geschrieben hätte!!!

Das erstmal sacken lassen, nicht toben und heulen.

Dann nachschauen, wer wann welche Notationsweise für den Pedaleinsatz verwendet hat - und darüber nachdenken!

Beethoven notierte nur ungewöhnliche großflächige Pedaleffekte (op.53, ok.110)
Schumann notierte "col Ped." oder nur Ped.
Liszt notierte wenn überhaupt mal nur sowas wie "taktweise Pedal", im Mephisto Walzer ein paar krasse Pedaleffekte die niemand spielt, dito in Funerailles, ansonsten "verständiger Pedalgebrauch wird vorausgesetzt" (einzig in seiner späten Parsifaltranskription nutzt er Ped und * und weist an, das exakt so zu handhaben... seltsam!)

Chopin verwendete pauschal Ped. und * meistens ganztaktig.

Die konventionelle Schreibweise von Chopin mit Ped. und * ist nicht wörtlich so gemeint, denn wenn man das macht - egal ob auf einem Erard von 1840 oder einem heutigen Steinway - entsteht grässlicher Klangmatsch!!

Im 19. Jh. gab es keine einheitliche Pedalnotation und erst recht keine exakte - die taucht erst bei Bartok auf.

Befasse dich mit Betz - den gibt's online zum Pedal
 
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Chopin verwendete pauschal Ped. und * meistens ganztaktig.

Die konventionelle Schreibweise von Chopin mit Ped. und * ist nicht wörtlich so gemeint, denn wenn man das macht - egal ob auf einem Erard von 1840 oder einem heutigen Steinway - entsteht grässlicher Klangmatsch!!

ersteres stimmt nicht - sorry. Chopin hat oft sehr feine und detailierte Pedalangaben gemacht, die oft über Taktstriche hinausgehen usw. Siehe z.B. Barcarolle, zahlreiche Mazurken usw.
Wenn man von den Preludes ein Faksimile besitzt, kann man z.B. mal das 1. anschauen und feststellen, dass er das Aufhebungszeichen sehr sehr genau plaziert hat - bei jeder Harmonie etwas anders und einmal sogar weggestrichen und direkt daneben plaziert. Leider wird dies von keiner mir bekannten modernen Ausgabe berücksichtigt.


Zu zweiterem: bin ich ebenfalls anderer Meinung. Wie du ja bereits weißt, habe ich öfters die Gelegenheit, einen Erard, einen Graf und ab und an Pleyel von dieser Zeit zu spielen und ich kann dir sagen, dass die Angaben bei richtiger Spielweise durchaus Sinn ergeben haben.
Der Trick ist einfach, wenn man das auf heutige Flügel übertragen möchte, das Pedal nur halb oder viertel runterzudrücken. Siehe z.B. 2. Sonate 1. Satz ab Takt 9 (Themenbeginn), wo dies einen wunderbaren Klangeffekt gibt. Von den modernen Pianisten macht leider fast jeder entweder einen halb- oder ganztaktigen Pedalwechsel oder spielt ganz trocken.

Da der Unterschied zwischen Pedal und nicht Pedal teilweise doch etwas krass ist, kann und sollte man an anderen Stellen - besonders auf modernen Flügeln - durchaus Zwischenpedale o.ä. einbauen - da gebe ich dir Recht. Aber es lohnt sich immer, oben genanntes mal zu versuchen...

auch bei Op. 25 No. 9 ergeben die Pedale meiner Meinung nach Sinn. Man sieht, dass z.B. Stellen wie die Takte 9-12 Pedalangaben enthalten, die die Entwicklung unterstützen und einen netten Effekt herbeiführen. Man kann sich aber durchaus überlegen, wann man das Pedal halb, ganz oder wirklich gar nicht betätigt. Wichtig ist - wenn man halbe Takte trocken spielt, dass die Melodie (Daumen rechts) trotzdem in der gleichen Qualität weitergespielt wird.
Bei der piano-Stelle ab Takt 17 würde ich dann das Pedal so wie geschrieben, aber mit halber Betätigung verwenden. Im forte ab Takt 25 dann exakt wie geschrieben.

LG, Joh
 
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@Joh Sorry, du hast nicht so ganz verstanden, was ich (sehr verkürzt) geschrieben habe.
Die häufigste Schablone der Pedalnotation von Chopin ist "Ped." am Taktanfang, "*" kurz vorm Taktstrich - und das unabhängig vom Tempo. Macht man das z.B. im 2. Scherzo, entsteht im Tempo Klangmatsch, sowohl heute als auch auf historischen Instrumenten.*)
Besondere Pedaleffekte (z.B. über mehrere Takte hinweg) bleiben davon unberührt, denen sieht man doch an, dass sie Ausnahmen sind.
___________
*) je höher das Tempo, umso eher muss die Pedallücke kommen - altbekannt. Und je besser die Klangdifferenzierung, umso dichter kann pedalisiert werden, dito altbekannt.
 
Macht man das z.B. im 2. Scherzo, entsteht im Tempo Klangmatsch, sowohl heute als auch auf historischen Instrumenten.

Meinst du die Anfangssequenzen mit den Bassoktaven und den rhytmischen Akkorden im Diskant? Die klingen doch super mit dem geschriebenen Pedal! Einzig und alleine der Abschlussakkord im darauffolgenden Takt sollte meiner Meinung nach auf heutigen Instrumenten mit einem leichten erneut getretenem Pedal versehen werden, da dieser ansonsten zu trocken und verloren klingt.
 
@Joh kleine Korrektur: Die Pedalangaben beginnen in Takt 8, nicht in Takt 9, zumindest in meiner Henle-Ausgabe, die aber schon 30 Jahre alt ist. In Takt 9 ist dann nur die zweite Takthälfte mit Pedal versehen, nicht die erste, in Takt 10 umgekehrt. Und so gibt es viele Stellen, wo ich mich frage, ob das tatsächlich vom Komponisten genau so gewollt ist.
 

Ich bin ein vehementer Gegner von Pedalangaben in Ausgaben (allenfalls die originalen Angaben des Komponisten als Orientierung)! Warum ist jede Pedalangaben in einer Notenausgabe falsch??
Weil das Pedal von einer großen Vielzahl von Parametern abhängt : zunächst vom Klavier selbst (oberer und unterer Totgang, Wirkungsbereich, Genauigkeit der Einstellung, ...) , vom Raum in dem ich spiele (ich habe Chopins op. 10,1 in einer italienischen Kirche schon vollkommen pedalfrei gespielt!), vom genauen (!genauen!!) Zeitpunkt des Tretens und des Lösens, ebenso von der Geschwindigkeit des Tretens und Lösens, vom Tempo mit dem ich spiele, von meiner individuellen und subjektiven Empfindlichkeit sauberes, atmosphärisches und schmutziges Pedal betreffend, von der Lage auf dem Instrument , von der Balance zwischen den Lagen (starke Bässe 'fressen' leichte Durchgangsdissonanzen) , ... und so weiter ad infinitum!!
Wie soll man da ein verlässliches Pedal notieren!
 
tja @rolf da mäkelt @Joh ganz schon an deiner Analyse rum :025:. Mir gefällt das:super:
 
Wie soll man da ein verlässliches Pedal notieren!
@Alter Tastendrücker vor diesem Problem standen die Komponisten im 19. Jh.
Die Konvention oder Schablone war "Ped" und "*" unter die linke Hand zu schreiben, und zumeist sehr schematisch: diese Behelfsnotation meint den an die Harmonien angelehnten Pedalgebrauch. Nicht gemeint war damit, dass diese Zeichen den exakten Zeitpunkt von treten und hochlassen fixieren. Dieses "harmonische Pedal" meint also nichts anderes, als verständigen Pedaleinsatz (und für diesen hatte man keine Zeichen, weshalb später quasi resigniert "col Ped." oder Liszts Fußnote geschrieben wurde - denn der exakte Zeitpunkt ist vom Tempo abhängig: variiert dieses, so variiert konsequent auch der Zeitpunkt bzw die Dauer einer Pedallücke) Offensichtliche Ausnahmen sind Effekte, die schon auf den ersten Blick in die Noten als verblüffend auffallen: z.B. lange Pedalflächen (mehrere Takte lang) sogar mit ineinander gemischten Harmonien (Beethoven op.32, 53, 110; Liszt Funerailles, Mephistowalzer) auch hier ist nicht der exakte Zeitpunkt des aufhebens fixiert.
...Das alles und noch viel mehr lässt sich bei Feinberg (russisch, leider nicht übersetzt) und bei Betz nachlesen.

Bartok unternahm den Versuch, mittels Klammern unter den Noten den Pedaleinsatz genauer zu fixieren. Das ist tatsächlich instruktiver als die konventionelle Ped*-Schablone - hat er aber wohlweislich nur in seinen "pädagogischen" Sachen so notiert. (weiter entwickelt ist diese Notationsweise in Bolets instruktiver Lisztausgabe, wo er minutiös einzeichnet, wann und wie er das Pedal einsetzt)

Blickt der Laie in Noten aus dem 19. Jh., dann passieren ihm gerne zwei Fehler:
a) exakt dort, wo Ped gedruckt ist runtertreten, exakt dort, wo * gedruckt ist, aufheben
b) z.B. in etlichen Walzern und Preludes von Chopin finden sich Takte mit Pedalnotation und Takte ohne; die ohne sollen pedallos gespielt werden
Beides ist falsch!
 
@rolf danke für diese sehr gute Erläuterung! Gruß patrick
 
Ich bin ein vehementer Gegner von Pedalangaben in Ausgaben (allenfalls die originalen Angaben des Komponisten als Orientierung)!

Gegner würde ich jetzt nicht sein wollen, aber genau: man sollte diese als Orientierung zunächst einmal ernst nehmen und versuchen, zu verstehen, warum der Komponist das so notiert hat (falls sie original sind - versteht sich von selbst).

Zeitpunkt des Tretens und des Lösens, ebenso von der Geschwindigkeit des Tretens und Lösens, vom Tempo mit dem ich spiele, ...

Genau! Damit kann man spielen und je nach Umgebung natürlich variieren. Selbsverständlich beteudet ein * niemals, das Pedal sofort und instatan hochzunehmen. Das würde insbesondere bei modernen Flügeln nicht funktionieren.

Ich bleibe jedoch dabei, dass Chopin sich sehr wohl etwas dabei gedacht hat, wenn er * mal etwas mehr links und mal etwas mehr rechts geschrieben hat (siehe Beispiel oben). Auch wenn er einige Stellen, z.B. in Walzern, ohne Pedal inmitten anderer Pedale schreibt, hat er sicherlich damit einen Effekt generieren wollen, den es eben zu entdecken gilt (u.a. machen diese Feinheiten das Arbeiten an Chopin's Werk so interessant). Mir ist bekannt, dass das wenige Leute interessiert, aber das soll jeder selbst verantworten.

Was die Etude angeht, habe ich ja oben bereits meine Meinung kund getan. Möge derjenige damit etwas anfangen, der will. Der andere soll es eben ignorieren. Wäre ja schlimm, wenn alle Pianisten der gleichen Auffassung wären.


Unsinn :-D (da versteht sich der Pedaleinsatz von selbst) -- ab dem Hauptthema (rasante Achtelarpeggien links), entsteht Klangmatsch bei zu dichtem Pedal.

Takt 65? Funktioniert bei mir tadellos. Die ersten 2 Takte sind unter einem Pedal geschrieben, die nächsten 14 taktweise.
 
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Takt 65? Funktioniert bei mir tadellos. Die ersten 2 Takte sind unter einem Pedal geschrieben, die nächsten 14 taktweise.
...dass dort harmonisches Pedal gemeint ist, ist offensichtlich - aber versuch exakt zu hören, wie/wann du das machst! Trittst du exakt bei Ped das Pedal dort, wo das Zeichen ist, und hebst du exakt dort, wo das * ist, auf? ...wenn das im Tempo exakt ohne verschmieren funktioniert, dann dämpft dein Instrument mit der Wucht eines Panzers...
 
Trittst du exakt bei Ped das Pedal dort, wo das Zeichen ist, und hebst du exakt dort, wo das * ist, auf? ...wenn das im Tempo exakt ohne verschmieren funktioniert, dann dämpft dein Instrument mit der Wucht eines Panzers...

Nein, ich habe das doch weiter oben schon beschrieben.
Wie schnell und vor allem wie tief man das Pedal niederdrückt und wie schnell man es wieder hebt, steht nicht in dieser Notation.
Und ob man die Pedale auf den 1. Schlag tritt und ein minimales Loch davor erzeugt, oder ob man die Pedale verbindet, indem man auf die 1 kurz lüftet und sofort wieder runtertritt, bleibt dem Interpreten überlassen. Beides kann - wenn richtig ausgeführt und die Oberstimme gut legato gespielt wird - gut klingen.

In diesem Fall haben wir wohl beide das gleiche gemeint und aneinander vorbeigeschrieben...
 

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