Beethoven für Technik

  • Ersteller des Themas Clavaliero
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@Clavaliero
Ok, danke für deine (Teil-)Antwort. Da du nun schon in aller Vorsicht Namen genannt hast - würdest du noch kurz sagen, wen du als musikalisch ohne fundierte Technik einschätzt, wie du es oben geschrieben hast?
Den zweiten auf dem Programm des Klassenabends von der Düsseldorfer Klavierklasse XY, der im dritten Semester Bachelor studiert und die Sturmsonate (oder was auch immer) ganz grandios spielt, aber die ganze Zeit Pedal durchhält, damit er nicht ordentlich legato spielen muss. Sehr viel Emotion und ganz kontrastierende Themen werden geboten.
Den Pianisten möchte ich nicht kritisieren, weil er noch jung und im Studium ist, aber ein bisschen mehr Bodenständigkeit (sauberer Fingersatz, sauberes Legato, klares Tempo, klare Artikulation) und weniger Pedal würden der Sonate gut tun.

Das war ein willkürliches Beispiel, so ein Klassenabend hat nicht stattgefunden (oder findet jede Woche an irgendeiner Musikhochschule oder Konzertbühne statt, ganz wie man will).

An sich aber eine müßige Fragestellung.
 
Außerdem würde mich interessieren, warum alle meinen, dass Hanon die Musikalität (oder das "Gehör") zerstört?
Darauf mag ich Dir sehr gerne antworten.
Herr Hanon birgt die Gefahr, dass man sich auf das Technische zurückzieht, die Finger laufen lässt und dabei Zeitung liest.
Weiterhin, die hanonschen Übungen kennen kein Atmen, erziehen den Spieler zum dummdusseligen Herunterleiern einer immer gleichen Figur. Das Gehör wird allmählich überflüssig, weil es nach drei Takten sowieso nicht mehr zuhören will.
Wer hört in einer Telefonhotline gerne und aktiv zu, wenn hundert Mal: "Please hold the line" in´s Ohr gesäuselt wird....
Für mich hört Hanon sich so an, als würde in der Nachbarschaft unentwegt der Bagger laufen. Der atmet auch nicht.
Da werden mir die Lippen blau...
Der Vorteil der Brahmsübungen ist, dass sie immer musikalisch gut klingen und genau das auch vom Spieler einfordern. Bei Brahms - und eigentlich auch sonst im Leben sollte es so sein - ist eine Tonleiter niemals nur eine hohle Leiter, sondern eine Melodie.
 
Den zweiten auf dem Programm des Klassenabends von der Düsseldorfer Klavierklasse XY, der im dritten Semester Bachelor studiert und die Sturmsonate (oder was auch immer) ganz grandios spielt, aber die ganze Zeit Pedal durchhält, damit er nicht ordentlich legato spielen muss. Sehr viel Emotion und ganz kontrastierende Themen werden geboten.
Den Pianisten möchte ich nicht kritisieren, weil er noch jung und im Studium ist, aber ein bisschen mehr Bodenständigkeit (sauberer Fingersatz, sauberes Legato, klares Tempo, klare Artikulation) und weniger Pedal würden der Sonate gut tun.

Das war ein willkürliches Beispiel, so ein Klassenabend hat nicht stattgefunden (oder findet jede Woche an irgendeiner Musikhochschule oder Konzertbühne statt, ganz wie man will).

An sich aber eine müßige Fragestellung.

Habe auch schon erlebt, wie bei den Tagen der Klaviermusik in Düsseldorf an der RSH einer beim dritten Satz Appassionata rausgekommen ist und einer bei der h-Moll-Sonate von Liszt mehr als nur 4-5 Töne versemmelt hat. Trotzdem hatten die beide eine fundierte Technik. Die Sturmsonate ist auch Teufelszeug, weil die viel schwerer ist, als sie erstmal wirkt. Direkt ab Takt 7 ist eine richtig fiese Stelle.

Teils kann man aber bei Beethoven auch mit dem Pedal Sachen machen, die einen überraschen. Viel diskutiert ist da der erste Satz der Mondscheinsonate. Auch sowas wie Takt 236ff. bei der Appassionata im ersten Satz würden die meisten wohl nicht so machen, wenn es da nicht so stehen würde.
 
Und ja: viele studierte Pianisten (nicht unbedingt Weltstars natürlich), haben keine ideale Technik.
Ernstgemeinte Frage: was veranlasst Dich zu dem (Irr-?)Glauben, nach wenigen Wochen autodidaktischen "Unterrichts" und "früher schon ein wenig gespielt" habens, die Kompetenz zu besitzen, das technische Können studierter Pianisten beurteilen zu können?
Alleine die Tatsache, dass jemand überhaupt zum Studium zugelassen wird, also die sackschweren Aufnahmeprüfungen besteht, zeugt davon, dass er sich schon vor dem Studium technisch auf einem extrem hohen Niveau befindet.
Es ist nicht anzunehmen, dass ihm während des Studiums dieses Können herausgeprügelt wird.
 
Dachte ich es mir schon anhand der letzten Antworten - statt Pogorelich und Trifonov nur noch ein fiktiver Klavierstudent im 2. Semester - dass es ab einem gewissen Level aber einfach Mumpitz ist, etwas vom Vergleich "mangelnde Technik vs vermehrte Musikalität" zu spekulieren. Das kann beim örtlichen Klavierlehrer, der einmal selbst ein lokalpatriotisches Recital gibt, der Fall sein, aber schon nicht mehr bei überregional bekannten Pianisten, die unter Vertrag stehen. Deren Technik"schwächen" dürften nur noch Profis auffallen, aber ganz sicher nicht Amateuren, auch nicht den sehr guten. (Etwas in Vollzeit studiert zu haben ist nochmal etwas anderes als selbst eine täglich mehrstündig ausgelebte Passion.)

Und dann geht es nicht um so platte Fails wie sekundenlang auf dem Pedal zu stehen. Der Schwulst von Trifonov ist seine volle Absicht und nicht, weil er schwerhörig wäre. Ich würde hier das Fenster, aus dem man sich hier so lehnt, ganz schnell schließen...
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich möchte wirklich niemandem auf die Füße treten, möchte aber noch etwas zu dem Thema sagen.
Der lokalpatriotische Klavierlehrer hat hoffentlich auch einmal Klavier studiert. Vielleicht sogar künstlerisch mit größeren Ambitionen.
Trifonov ist sicherlich zu Recht ein weltberühmter Pianist. Wie ich geschrieben habe geht es hier tatsächlich um Geschmack.
Übrigens heißt es nicht unbedingt viel, wenn jemand "unter Vertrag" steht. Ich freue mich natürlich persönlich für die Leute, dass es mit der Karriere gut läuft.

Ich habe andere Instrumente auf professionellem Niveau gespielt und vieles lässt sich übertragen.
Eine Eignungsprüfung ist sackschwer, ja. Trotzdem spielen die wenigsten Pianisten an einer Musikhochschule auf Topniveau, auch technisch nicht - deswegen studieren die ja auch noch. Nicht alle erreichen Topniveau.

Eventuell gehen hier auch die Ansprüche an eine "gute" Interpretation auseinander. Manchmal ist eine (klassische) Tonleitern auch einfach "nur" eine Tonleiter und muss auch im Stück musikalisch nicht überfrachtet werden - es geht wie immer um Balance. Es fehlt halt einfach häufig die Schlichtheit. Und in der Schlichtheit offenbaren sich (technische) Mängel.

Ich respektiere natürlich trotzdem jeden einzelnen Pianisten, der auf eine Bühne tritt. Ich werde wahrscheinlich im Leben nie das Niveau eines ernsthaften Studentens erreichen - wenn ich aber schon übe, dann doch bitte mit der Absicht meine Fertigkeiten so aufzubauen, wie ich es mir von einem Top-Pianisten wünschen würde.
 
Zuletzt bearbeitet:
„Top-Niveau“ ist übrigens auch immer relativ. Man höre mal Arthur Schnabel mit Beethoven-Sonaten. Top-Niveau!
 
Höre es dir einfach an und lasse dir von Arthur Schnabel zeigen, was Top-Niveau ist.
 
Ich werde wahrscheinlich im Leben nie das Niveau eines ernsthaften Studentens erreichen - wenn ich aber schon übe, dann doch bitte mit der Absicht meine Fertigkeiten so aufzubauen, wie ich es mir von einem Top-Pianisten wünschen würde.
Lieber Clavaliero,

dann solltest du aber unbedingt deine Vorstellung von Klaviertechnik überdenken, wie hier im Faden ja schon gesagt wurde. Es gibt keine überbordende musikalische Interpretation ohne eine fundierte Technik, es gibt keine Technik auf Topniveau ohne Musikalität bzw. sehr gute musikalische Fähigkeiten. Das ist wirklich wichtig, wenn du dich verbessern möchtest! Deswegen ist es auch schädlich, technische Dinge isoliert zu üben von Klangvorstellung und musikalischer Aussage.
Trotzdem spielen die wenigsten Pianisten an einer Musikhochschule auf Topniveau, auch technisch nicht - deswegen studieren die ja auch noch. Nicht alle erreichen Topniveau.

Ich weiß nicht, was du mit Topniveau meinst. Wenn du damit die Fähigkeiten eines Horowitz meinst - das erreichen nur die allerwenigsten, das stimmt. Wenn du damit meinst, dass Pianisten, also Absolventen einer Musikhochschule mit künstlerischer Ausbildung, Meisterklassendiplom o.ä., NICHT fast ausnahmslos sehr gut spielen und NICHT sehr gute musikalische und technische Fähigkeiten besitzen, hast du unrecht.

Ein Problem unseres Berufs besteht nämlich darin, dass es unglaublich viele ausgebildete Pianisten gibt, die sehr, sehr gut Klavier spielen. Daher ist die Konkurrenz riesig und alle scharen sich um einen relativ kleinen Haufen Konzerte. Mit dem Ergebnis, dass man für ein Konzert oft wenig Gage bekommt. C'est ca.... .

Liebe Grüße

chiarina
 
Manchmal ist eine (klassische) Tonleitern auch einfach "nur" eine Tonleiter und muss auch im Stück musikalisch nicht überfrachtet werden - es geht wie immer um Balance.
Ja, das ist richtig, manchmal ist eine Tonleiter einfach nur die Verbindung zwischen zwei Melodietönen. Ein Musiker spielt sie dann auch genau so. Sie bekommt die Nonchalance, die sie braucht, um von A nach B zu gelangen.
Hanonübungen vermitteln das aber genau nicht. Sie sagen: "Wenn du diese Tonfolge absolut akkurat spielst, bist du super!" und das ist eben sehr in die falsche Richtung führend.
Ich werde wahrscheinlich im Leben nie das Niveau eines ernsthaften Studentens erreichen - wenn ich aber schon übe, dann doch bitte mit der Absicht meine Fertigkeiten so aufzubauen, wie ich es mir von einem Top-Pianisten wünschen würde.
Eine sehr ernsthafte Ansicht. Ich habe über Deine Posts nachgedacht, und gefunden, dass jeder Mensch sich auf seinem Instrument zuhause fühlen soll, dazu braucht es nicht immer Unterricht. Wenn man nur Weihnachtslieder mit den Kindern spielen möchte, kann man sein Glück absolut darin finden, dann muss man nix wissen über Choreographie, über egonomisches Spielen oder musikalische Interpretationswege.
Offensichtlich möchtest Du aber genau das, da Dein Ziel ein sehr hohes ist.
Das ist autodidaktisch sehr schwer zu erreichen. Es ist gut, wenn man wenigstens gelegentlich ein Regulativ hat, das einem die Augen öffnet.
Ich begegnete schon manches Mal Menschen, die zu mir in den Unterricht kamen und dachten, sie könnten schon eine Menge, weil sie mit allerhand schwieriger Literatur ankamen.
Wenn sie dann spielten, merkten sie nicht, wie roh und ungehobelt es klang, wie fest ihr Spielapparat war, wie wenig sie von sinnvollen Bewegungen am Klavier wussten.
Sie hielten sich für fortgeschritten, aber in Wahrheit waren sie noch Anfänger, die viele Töne kannten...
 

Ich habe andere Instrumente auf professionellem Niveau gespielt und vieles lässt sich übertragen.
Eine Eignungsprüfung ist sackschwer, ja. Trotzdem spielen die wenigsten Pianisten an einer Musikhochschule auf Topniveau, auch technisch nicht - deswegen studieren die ja auch noch. Nicht alle erreichen Topniveau.
Da geht mein Bullshit Detector auf 10!

Du lügst. Du kannst keine anderen Instrumente auf professionellem Niveau spielen, und Du hast keine Ahnung, wie es an einer Hochschule tatsächlich zugeht.

Du hast Dich bloß argumentativ irgendwie in die Enge gedrängt gefühlt und denkst Dir jetzt irgendwas aus, um Deine Position hier zu stärken. Für Leute, die in der Materie tatsächlich Bescheid wissen, nur leider allzu durchschaubar, Kleiner.
 
Ja, das ist richtig, manchmal ist eine Tonleiter einfach nur die Verbindung zwischen zwei Melodietönen. Ein Musiker spielt sie dann auch genau so. Sie bekommt die Nonchalance, die sie braucht, um von A nach B zu gelangen.
Hanonübungen vermitteln das aber genau nicht. Sie sagen: "Wenn du diese Tonfolge absolut akkurat spielst, bist du super!" und das ist eben sehr in die falsche Richtung führend.

Eine sehr ernsthafte Ansicht. Ich habe über Deine Posts nachgedacht, und gefunden, dass jeder Mensch sich auf seinem Instrument zuhause fühlen soll, dazu braucht es nicht immer Unterricht. Wenn man nur Weihnachtslieder mit den Kindern spielen möchte, kann man sein Glück absolut darin finden, dann muss man nix wissen über Choreographie, über egonomisches Spielen oder musikalische Interpretationswege.
Offensichtlich möchtest Du aber genau das, da Dein Ziel ein sehr hohes ist.
Das ist autodidaktisch sehr schwer zu erreichen. Es ist gut, wenn man wenigstens gelegentlich ein Regulativ hat, das einem die Augen öffnet.
Ich begegnete schon manches Mal Menschen, die zu mir in den Unterricht kamen und dachten, sie könnten schon eine Menge, weil sie mit allerhand schwieriger Literatur ankamen.
Wenn sie dann spielten, merkten sie nicht, wie roh und ungehobelt es klang, wie fest ihr Spielapparat war, wie wenig sie von sinnvollen Bewegungen am Klavier wussten.
Sie hielten sich für fortgeschritten, aber in Wahrheit waren sie noch Anfänger, die viele Töne kannten...
Vielen Dank für die ehrlichen und sinnvollen Worte. Nehme ich mir zu Herzen.
Da geht mein Bullshit Detector auf 10!

Du lügst. Du kannst keine anderen Instrumente auf professionellem Niveau spielen, und Du hast keine Ahnung, wie es an einer Hochschule tatsächlich zugeht.

Du hast Dich bloß argumentativ irgendwie in die Enge gedrängt gefühlt und denkst Dir jetzt irgendwas aus, um Deine Position hier zu stärken. Für Leute, die in der Materie tatsächlich Bescheid wissen, nur leider allzu durchschaubar, Kleiner.
Ja, was soll man auf so einen Beitrag noch groß sagen.......
Wahrscheinlich war ich wirklich nicht ganz fair den Studenten gegenüber. Natürlich spielen die alle top. Ist halt immer die Frage, was man noch will. Spielt aber eigentlich auch keine Rolle.
 
Da kriegt man ja Augenkrebs!
der Student
des Studenten
dem Studenten


Wenn man sich schon so weit aus dem Fenster lehnt, dann bitte in richtigem Deutsch.
Man kann es aber auch echt übertreiben.
Z.B. "Oh, Mist, ertappt! Entschuldigung, soll nicht wieder vorkommen."
Ist aber unzutreffend. Nicht, dass es irgendeine Rolle spielen würde. Ich denke, der einzige, der sich für seinen Beitrag entschuldigen sollte, bist du - war schon frech.

Aber das ganze geht jetzt massiv am Thema vorbei.
 
Jetzt haltet euch mal ein bisschen zurück und spielt euch alle mal (in beide Richtungen) nicht so auf.

Keiner von uns ist ein Heiliger, und fast jeder hat sich mal irgendwo irgendwie aufgespielt und "Profis" diskreditiert. Anders wären Musikkritiker beispielsweise gar nicht zu erklären. Und wie oft habe ich nach Konzerten schon aus dem Publikum Sprüche gehört wie:

Also das war wirklich viel zu langsam gespielt, wie kann man das bloß machen.
Dieser Prokofiev war ja fad, das ist einfach ein schlechter Pianist.
Diese Y... W... zieht sich ja nur schön an und hat ne saubere Technik, aber musikalisch gar nichts drauf.
Boah, der ist aber oft rausgeflogen... . Und sowas soll ein Profipianist sein.

Außerdem kennen wir bestimmt alle auch Pappenheimer, deren größte musikalische Leistung das Blockflötenspiel in der Unterstufe war, und die nun in Konzerten (oder vor allem bei Operbesuchen) laut über die Musiker herziehen um sich selbst größer zu fühlen.

Das ist alles menschlich, und wenn es in einem normalen Maße geschieht auch nicht bedenklich. Vor allem wenn die betreffenden Personen noch jung und übermütig sind :-D .

Also tut nicht so, als ob ihr alle nur Wasser trinken würdet, und kehrt zu einem höflicheren Umgangston und eventuell auch dem Ursprungsthema zurück.
 

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