Kaufberatung Schimmel Barock von ~1965

Sieht mir nach Werkstatt aus. Vermutlich unbeheizt.

Mir ist das bei meiner üblichen Kleinanzeigenrecherche auch aufgefallen, schönes Instrument. Die alten Seiler sind gute Instrumente, ich habe selbst eines aus den 90ern gekauft.

Ich würde nach der Wartungs- und Pflegehistorie fragen, bei Interesse da hinfahren und mir das ansehen.

Die Kommunikation mit dem Verkäufer ist sehr zäh. Nach zwei Tagen habe ich endlich einen Besichtigungstermin ausmachen können und fahre gleich hin.
Ich habe mir eine große Checkliste aus folgenden Informationen zusammengeschrieben:
https://www.kirstein.de/Checkliste-Klavierkauf-FAQ/

Wenn das Seiler alle Punkte der Checkliste zu meiner Zufriedenheit (= keine schweren Mängel, gut zu spielen, schöner Klang) erfüllt, wären 1500€ dann ein angemessener Preis?

Zwei Auffälligkeiten würde ich vor Ort genau ansehen. Auf den Bildern sieht man es nicht gut genug. Das eine sind die dunklen Flecken auf der Aluleiste, die auf der oberen Gehäuseinnenseite befestigt ist (k.A. wofür die dient). Das andere sind die dunklen Flecken auf den Rippen hinten auf dem Resonanzboden. Beides könnte gerade in Kombination mit dem Standort auf Schimmel durch zu hohe Luftfeuchtigkeit hindeuten. Wenn das der Fall ist, könnte da durchaus noch mehr Schaden genommen haben, z.B. an der Mechanik. Optisch finde ich es auch ein schönes Instrument.

Zitat von Pianosa:

Das eine sind die dunklen Flecken auf der Aluleiste, die auf der oberen Gehäuseinnenseite befestigt ist (k.A. wofür die dient).

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Wohl zum leichteren Herausnehmen bzw. Einsetzen der Frontplatte.

Die Aluleiste hat mein Seiler auch. Man kann daran wunderbar die Frontplatte greifen, aber sie muss eigentlich noch einen anderen Zweck haben. Einen Griff hätte man auch einfacher realisieren können.

Zitat von SternimMeer:

noch einen anderen Zweck

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Es wäre eine drastisch einfache Möglichkeit zur Stabilisierung.

Zitat von Inka:

Wenn das Seiler alle Punkte der Checkliste zu meiner Zufriedenheit (= keine schweren Mängel, gut zu spielen, schöner Klang) erfüllt, wären 1500€ dann ein angemessener Preis?

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Es muss Dir emotional gefallen. Wenn es das tut und keine offensichtlichen Mängel deutlich werden, ist das ein wirklich akzeptabler Preis. Ich habe selbst ein Seiler Klavier (deutlich jünger, aber der Aufbau und die Gussplatte sind vergleichbar) und das sind gute, grundsolide Instrumente, die lange Freude bereiten.

Das in Frage kommende Seiler hatte wohl einen Hydroceelstab in diesen beiden Blechhaken hängen, deshalb auch das Merkblatt im Instrument.

Die Flecken auf der Aluleiste könnten übrigens Staub sein, dieser fällt dort gerne hin. Vielleicht ist das auch der Zweck der Leiste? Quasi ein Staubsammelmagnet.

So ich bin zurück. Mein Eindruck ist positiv (es geht um das Angebot https://www.kleinanzeigen.de/s-anzeige/klavier-ed-seiler-mit-hocker/2649711525-74-648)

Was ich optisch geprüft habe (ich habe nur die Blende oben entfernt):
- kein Riss in der Gussplatte gefunden
- kein Riss im Resonanzboden gefunden
- die Stimmnägel zeigen leicht nach oben und machen keinen abgenutzten Eindruck. Die Löcher sind rund und nicht oval. Bei den obersten Tönen sieht man jedoch Risse in den Führungen/Hülsen(?) der Stimmnägel, siehe Foto. Die restlichen 90% der Stimmnagel-Führungen sind jedoch in Ordnung.
- die Filze der Klaviatur/Mechanik machen auf mich keinen verschlissenen Eindruck
- Die Hämmer stehen nicht 100% in Reih und Glied. Die auffälligsten Stellen habe ich fotografiert.
- Die Abstände der Tasten sind gleichmäßig, alle Tasten sind ziemlich auf einer Ebene
- Die Tasten sind nicht abgenutzt
- die Saiten haben keinen Rost
- die Hämmer sehen meiner Meinung nach noch überwiegend ganz gut aus.
- beim Loslassen des linken Pedals kommen alle Hämmer gleichmäßig zurück
- Die Bewegungen von Hammer und Dämpfer harmonieren (= etwa nach der Hälfte der Hammerbwegeung fängt der Dämpfer an sich zu bewegen)
- Ebenso fallen, bis auf die letzte Taste auf der linken Seite, alle Hammer kurz vor Berühren der Saiten zurück, wenn man die Tasten langsam drückt
- die Mechanik macht allgemein keine auffälligen Geräusche

Was ich klanglich geprüft habe:
- Allgemein klingen die Töne harmonisch und trotz dass das Klavier in einer kühlen Werkstatt steht, klingt das Klavier nicht verstimmt
- das Klavier ist auf 440Hz gestimmt (getestet mit Handy)
- das Anspielen gefällt mir, die Tasten sind leichtgängig
- der Bass scheppert nicht, bin mir aber nicht ganz sicher, ob er nicht etwas klarer sein könnte. Da fehlt mir sicherlich der direkte Vergleich.
- die Töne klingen nur minimal nach, wenn ich das rechte Pedal loslasse
- das Klavier lässt sich leise spielen

Weiteres:
- Das Klavier stand bis vor 3 Tagen bei der Oma in der Wohnung. Die ist verstorben, der Enkel kümmert sich um den Verkauf. Hat selber keine Ahnung vom Klavier.
- Das Klavier ist laut Seriennummer von 1981 und 122cm hoch

Wo ich mir unsicher bin:
- Schimmel: ich habe deine Nachricht (@Pianosa ) zu spät gesehen. Es sah mir aber nicht nach Schimmel aus. Die Flecken auf den Rippen des Resonanzbodens sehen mir auf den Bildern eher nach Fliegenschiss aus.
- Die Führungshülsen der Stimmnägel der obersten Töne: ist so etwas kritisch?

Der Verkäufer würde das Klavier mir für 1200€ verkaufen. Aus dem Grund, dass ihm ein Händler aus Süddeutschland 1200€ geboten hat. Dieser würde das nächste Woche holen. Chatverlauf hat er mir sogar gezeigt, daher glaube ich ihm das.
Eine Rückmeldung würde ich ihm heute Abend noch geben wollen, da morgen noch jemand anderes kommen möchte.
Was meint ihr dazu? Danke für eure Einschätzungen!

Weitere Bilder (ich habe einfach mal wild darauf los geschossen...)

Die letzten Bilder

Zitat von SternimMeer:

Die Flecken auf der Aluleiste könnten übrigens Staub sein, dieser fällt dort gerne hin.

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Ich denke auch, dass das Staub ist. Das Alu selbst kann ja nicht schimmeln. Aber die vielen fast runden Flecken könnten darauf hindeuten, dass auf dem Staub Schimmel gewachsen ist. Man sieht es einfach nicht gut genug auf den Fotos.

Edit: @Inka Bin froh, dass es kein Schimmel ist.

Das sieht doch noch gut aus.
Allerdings bleibt dem Händler bei € 1.200 keine übermäßige Gewinnspanne.

Meiner Ansicht nach hat das Klavier Potenzial und der Preis ist fair. Wenn es Dir gefällt, greif zu. Der Händler würde das nicht kaufen, wenn der Stimmstock ein ernsthaftes Problem hätte. Irgendwann steckst Du einen Tausender rein, um die Hammerköpfe in Ordnung zu bringen oder zu wechseln, aber dann hast Du ein Top Instrument für wenig Geld.

Ich selbst mag Nussbaum sehr und für mich sind braune Instrumente in gutem Zustand wertvoller als schwarze - so war es auch schon immer beim Neukauf, Furnier kostet Aufpreis. Ob das Gehäuse Deinen Vorstellungen entspricht, musst Du selbst wissen, aber gerade in den kleinen Macken liegt sicherlich auch ein Grund für den guten Preis.

Die Aluschiene am Oberrahmen ist eine Gratleiste (gegen Verziehen des Holzes). Das leichtere Herausnehmen des Teils ist ein angenehmer Nebeneffekt.

Ich würde das Klavier nicht nehmen:

Äußerlich sieht das Instrument nicht so aus, als sei sorgsam damit umgegangen. Das Gehäuse hat etliche Macken. Die Schiefstellung einiger Hämmer könnte ein Zeichen für wechselnde Luftfeuchte sein. Auch war mein spontaner Eindruck: Schimmel? - Das Seiler im Schimmel-Thread

Der viele Staub und Dreck könnte auf viel Feuchtigkeit am vorherigen Standort hindeuten. Die Hämmer wurden wohl schon mal bearbeitet. Der hintere Hammerteil ist viel dunkler (Kohleofen???)

Alles in allem denke ich, es bedeutet VIEL Reinigungs- und Regulierungsarbeit. Und natürlich die klangliche Bearbeitung (Stimmung/Intonation). Wenn man das berücksichtigt gibt es bessere Angebote - meine Meinung.

Zitat von Jakob:

Der viele Staub und Dreck könnte auf viel Feuchtigkeit am vorherigen Standort hindeuten. Die Hämmer wurden wohl schon mal bearbeitet. Der hintere Hammerteil ist viel dunkler (Kohleofen???)

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Diese dunklen Hämmer sieht man gelegentlich bei gebrauchten Klavieren, wie genau kommt das zustande? Weshalb nur hinten?

Die runden punktförmigen Flecken sind dort, wo die Spinnen zuhause waren … das ist kein Schimmel, das ist Insektenkot.

Man sollte bei der Bewertung des Instruments den Preis berücksichtigen. Neuware gibt es nicht um 1.200 Euro.

Zitat von SternimMeer:

Diese dunklen Hämmer sieht man gelegentlich bei gebrauchten Klavieren, wie genau kommt das zustande? Weshalb nur hinten?

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Könnte mir vorstellen, dass das vom Aufschlag des Hammers kommt: Schmutz sammelt sich hinten an, vorne wird er weggeschleudert.

Kann mir gut vorstellen, dass das Instrument in nicht allzu sauberer Umgebung stand: Dreck ist schon eher viel zu sehen. Auch die Beschädigungen unten am Korpus sind nicht gering.

Danke für die bisherigen Antworten. So schlecht war meine Einschätzung ja nicht.
Wegen der dunkeln Stellen an den Hämmern: das ist mir auch bereits bei mehreren älteren Klavieren aufgefallen, ich bin bisher von optischen Alterungserschienungen ausgegangen, die aber klanglich (hoffentlich) keinen Einfluss haben?!
Wegen des optischen Zustands: Der obere Bereich des Klavieres sieht ziemlich gut aus, der untere hat Macken. Wobei ich die Stellen beispielsweise an den Stützen befühlt habe und man die Macken kaum fühlt. So als könnte man diese wegolieren.
Aber grundsätzlich sehe ich die Macken für mich persönlich nicht so dramatisch an, da ich drei kleine Kinder habe. Da wird noch die ein und andere dazu kommen.

Dann sind die Macken sogar zu etwas nütze und die Schmerzen bei "Neuzugängen" bleiben kleiner! Und mit Kindern kommen die, keine Frage.

Zum Instrument als solches wage ich kein Urteil, aber was ist bei dem Preis schon verhackt … wenn dir Klang und Anschlag gefallen ist doch alles gut. Das Wichtigste ist wohl, dass die Stimmung offenbar hält.