Die Frage ist doch, was das professionell gespielte Stück bzw. die Aufnahme, also das, was man tatsächlich hört, von einer Amateuraufnahme unterscheidet.
Man hört es ja recht schnell, urteilt dem Gesamteindruck nach, eine Profiaufnahme ist natürlich fehlerlos und ohne Wackler, in sich stimmig; aber da ist noch mehr.
Wenn ich meiner Lehrerin etwas (amateurhaft) vorspiele, kann sie mich täuschend echt nachahmen. Ich höre dann - da stimmt was nicht.
Aber was genau nicht stimmt, das zu hören ist überhaupt nicht einfach. Der Begriff "Hinhören" bekommt da auf einmal eine ganz andere Bedeutung.
Sie kann den Ausschnitt dann nochmal in ihrer Interpretation wiederholen, und ich höre sofort: Jetzt hört sich das gut an, so soll es klingen, es hat jetzt den "typischen" CD-Charakter der abgerundeten Perfektion.
Und was war da jetzt anders...?
Manchmal komme ich von selbst drauf, manchmal verrät sies mir, und jedesmal fällt es mir wie Schuppen von den Augen, denn die Antwort ist meistens so simpel (im musikalischen wie technischen Bereich), es muss einem nur jemand wörtlich sagen.
Der Teufel steckt wie immer im Detail (und trotzdem darf man nie den gesamten Bogen eines Stückes vergessen).
Total wichtig ist z.B. die Phrasierung. Töne zu Phrasen zusammenzufassen, damit die Musik nicht taktiert klingt, es voran geht, Schwung da ist. Einen Melodiebogen genau "analysieren" - welche Töne davon gehören nun wirklich lauter, welche leiser. Welche Funktion haben bestimmte Töne, Akkorde.
Und wie ich schon öfter schrieb - allerbester "Lehrer" hierfür ist die Stimme: Man singt sich einfach eine Phrase vor, es klingt richtig. Man atmet nie automatisch an einer falschen Stelle. Dieses gesungene, richtig klingende Gebilde am Klavier nachzuspielen ist sehr schwierig. Man muss extrem genau hinhören.
Und ein weiterer Punkt wäre der Gebrauch des Pedals. Man kann bzw. muss genau ausdifferenzieren, wann das Pedal getreten wird, wann nicht, auf dem Ton, vor dem Ton, nach dem Ton, um Töne zu formen oder zu halten (ein großer Unterschied!), und bloß nicht zu viel, damit das differenzierte Hören nicht verloren geht.
Ich denke, dass Amateure vieles unabsichtlich oder unbewusst dem Zufall überlassen (mich eingeschlossen). Wie Neuhaus schreibt - Es klingt eben so, wie es "herauskommt", nicht so, wie es klingen soll. Das ist aber nicht richtig. Jedes noch so kleine Detail sollte so gespielt werden können, wie man es haben möchte. Dazu muss man natürlich wissen, was man will...
Das ist vermutlich der Unterschied. Gute Pianisten wissen ganz genau, was sie tun, haben das Stück bis ins letzte Verstanden unter verinnerlicht und haben vollste Kontrolle über ihr Tun.
Man glaubt es vielleicht nicht gleich, aber das Klavierspielen ist keine Zauberei.
Es ist nur so, dass je weiter man kommen möchte es immer weniger Menschen gibt, die schon hinter das "Geheimnis" gekommen sind - und die bereit sind, für jemand anderen ihre Schatzkiste aufzumachen.